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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Pfändungsfreibetrag: Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung

Pfändungsfreibetrag: Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung

Nach § 107 Abs. 2 Satz 5 Gewerbeordnung (GewO) darf der Wert des Sachbezugs für die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung nicht die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts übersteigen. Der unpfändbare Betrag des Entgelts muss dem Arbeitnehmer in Geld ausgezahlt werden. Zur Ermittlung des pfändbaren Teils des Einkommens sind Geld- und Sachleistungen nach den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften zusammenzurechnen. Nicht einbezogen wird dabei der steuerlich zu berücksichtigende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Pkw auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb i.H.v. mtl. 0,03% des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer (sog. 0,03%-Regelung).

Ein verheirateter und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichteter Mitarbeiter war in der Marketing-Abteilung einer Arbeitgeberin beschäftigt. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses hatte ihm die Arbeitgeberin anstelle einer Entgelterhöhung einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Entgeltabrechnungen des Mitarbeiters wiesen neben dem Bruttomonatsgehalt (zuletzt 4.285 EUR) geldwerte Vorteile für die Pkw-Nutzung (445 EUR) und die Entfernungskilometer (747,60 EUR) zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (56 km) aus. Aus der Summe dieser drei Beträge errechnete die Arbeitgeberin nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung das Nettoentgelt und nach weiterem Abzug der beiden geldwerten Vorteile den Auszahlungsbetrag.

Mit seiner Klage verlangte der Mitarbeiter Vergütungsdifferenzen im Nettoentgelt i.H.v. rund 30.000 EUR für die Zeit von Januar 2017 bis April 2020. Er machte geltend, bei Zahlung der Vergütung, die neben Geld auch den Sachbezug der Privatnutzungsmöglichkeit des Pkw umfasse, seien die Pfändungsgrenzen, die sich aus drei Unterhaltspflichten ergäben, nicht beachtet worden.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage insoweit abgewiesen. Auf die Berufung des Mitarbeiters hatte das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Arbeitgeberin zur Zahlung der geforderten Nettovergütungsdifferenzen verurteilt. Auf die Revision der Arbeitgeberin hob das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück.

Das Landesarbeitsgericht hat bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO zu Unrecht den nach § 8 Abs. 2 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zu bemessenden Wert für die Nutzung des überlassenen Fahrzeugs für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte einbezogen.

Zur Berechnung des pfändbaren Einkommens sind nach § 850e Nr. 3 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen. Zu Letzteren gehört die Überlassung eines dienstlichen Pkw zur privaten Nutzung. Der Wert beträgt 1% des Listenpreises. Keine Naturalleistung i.S.d. vollstreckungsrechtlichen Bestimmung stellt der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anzusetzende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Fahrzeugs auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb i.H.v. mtl. 0,03% des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer dar. Hierbei handelt es sich nicht um einen Sachbezug i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, sondern um einen steuerrechtlich relevanten Korrekturposten für den pauschalen Werbungskostenabzug. Er ist daher bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO nicht einzubeziehen.

Von dem – somit niedriger als vom Landesarbeitsgericht angenommen – anzusetzenden Betrag sind gem. § 850e Nr. 1 ZPO Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Abzug zu bringen. Aus dem so ermittelten pfändbaren Einkommen sind sodann nach Maßgabe von § 850c ZPO und der einschlägigen Pfändungsfreigrenzenbekanntmachungen die Pfändungsgrenzen zu ermitteln. Dabei ist Abs. 6 dieser Regelung, wonach nach billigem Ermessen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Person (hier des Ehegatten) ganz oder teilweise berücksichtigt werden können, entsprechend anzuwenden. Nachdem das Landesarbeitsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hatte und auch die für die Berechnung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt wurden, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31.05.2023

Aktenzeichen: 5 AZR 273/22