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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Ehemaliger Fernsehdirektor der Deutschen Welle muss Ruhegelder nicht zurückzahlen

Ehemaliger Fernsehdirektor der Deutschen Welle muss Ruhegelder nicht zurückzahlen

Ein Anspruch der Deutschen Welle gegen ihren ehemaligen Programmdirektor Multimedia Global auf Rückzahlung bereits gezahlter Ruhegelder ist verwirkt. Die Vereinbarung war gerade nicht gemeinwohlschädigend im Hinblick auf die Pflicht zur Wahrung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach dem Deutsche-Welle-Gesetz, sondern es lag eine zulässige Vereinbarung im Rahmen der Privatautonomie vor.

Der Mitarbeiter war seit 2002 als Programmdirektor bei der Deutschen Welle beschäftigt und für die weltweit ausgestrahlten Fernsehsendungen (Multimedia Global) zuständig. Der zuletzt abgeschlossene, auf fünf Jahre befristete Dienstvertrag aus 2011 sah die Zahlung eines nachvertraglichen Ruhegeldes vor, sofern die Arbeitgeberin keine Vertragsverlängerung anbot oder von einer ausdrücklich vereinbarten Kündigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen Gebrauch machte. In diesen Fällen sollte das Festgehalt als Ruhegeld für drei Monate zu 100%, für die Dauer von weiteren vier Jahren und neun Monaten zu 75% gezahlt werden. Nachfolgend sollten Versorgungsleistungen nach Maßgabe des Versorgungstarifvertrags der Arbeitgeberin erfolgen. Anderweitig erzielter Verdienst sollte angerechnet werden, sofern dieser zusammen mit dem Ruhegeld das Festgehalt überschritt. Ein Ruhegeldanspruch bestand nicht im Falle der Nichtannahme eines Angebots zur Vertragsverlängerung durch den Mitarbeiter sowie im Falle seiner Eigenkündigung.

Die Arbeitgeberin kündigte den Dienstvertrag aus betrieblichen Gründen anlässlich der Zusammenlegung zweier Programmdirektionen zum 30.04.2014 und zahlte ab Mai 2014 das vereinbarte Ruhegeld an den Mitarbeiter. Im März 2019 teilte sie ihm mit, dass ab Mai 2019 ein Ruhegeld i.H.v. 60% des Festgehalts an ihn geleistet werde, und zahlte nachfolgend entsprechend bis Dezember 2024. Mit ihrer am Jahresende 2024 erhobenen Klage verlangte die Arbeitgeberin zunächst Rückzahlung der 2021 an den Mitarbeiter geleisteten Ruhegelder i.H.v. rund 130.000 EUR. Sie war der Ansicht, dass sich bereits aus dem Dienstvertrag kein Anspruch auf Zahlung von Ruhegeldern über einen Zeitraum von fünf Jahren nach Vertragsende hinaus bis zum Beginn der Regelaltersrente ergebe. Sofern die Vereinbarung anders zu verstehen sei, sei sie unter mehreren Aspekten sittenwidrig und damit nichtig. Schließlich liege auch ein Verstoß gegen das Deutsche-Welle-Gesetz vor, das einen faktischen Zwang zur Fortsetzung des Vertragsverhältnisses untersage.

Der Mitarbeiter leitete seinen Anspruch auf die bezogenen Ruhegelder aus dem Dienstvertrag und dessen bis zur Klageerhebung übereinstimmende Auslegung ab. Etwaige Rückzahlungsansprüche seien verwirkt. Ein Fall der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung liege nicht vor, sondern ein in zulässiger Weise vereinbarter angemessener Ausgleich der Risiken, die er mit dem befristeten und ordentlich kündbaren Vertrag eingegangenen sei. Mit einer Widerklage verlangte der Mitarbeiter die Zahlung weiterer Ruhegelder ab Januar 2025 sowie die Feststellung, dass für die Vergangenheit keine Rückzahlungsansprüche der Arbeitgeberin gegen ihn bestehen.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Anspruch des Mitarbeiters auf Zahlung der Ruhegelder folgte aus dem Dienstvertrag.

Etwaige Rückforderungsansprüche der Arbeitgeberin waren verwirkt, da sie über mehr als zehn Jahre Versorgungsleistungen erbracht und dem Mitarbeiter im März 2019 die weitere Zahlung für den Zeitraum ab Mai 2019 zugesagt hatte. Die Auslegung der Regelungen zu Ruhegeld und Versorgungsleistungen im Dienstvertrag ergab, dass über die ersten fünf Jahre nach Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus Versorgungsleistungen in der Form von Ruhegeld in der geleisteten Höhe zu beanspruchen waren. Dies ergab sich aus Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelungen und wurde durch die seit Mai 2019 praktizierten Zahlungen als gemeinsames Verständnis der Vertragsparteien bestätigt.

Die Regelung zu Versorgungszahlungen vor Beginn der Regelaltersrente (ab Februar 2026) war auch nicht sittenwidrig. Die Arbeitgeberin hatte bei der Darstellung eines Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung den Wert der Gesamtleistung des Mitarbeiters, der über den finanziellen Wert des Entgelts für seine Arbeitsleistung hinausging, nicht zutreffend ermittelt. Die Vereinbarung war gerade nicht gemeinwohlschädigend im Hinblick auf die Pflicht zur Wahrung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach dem Deutsche-Welle-Gesetz, sondern es lag eine zulässige Vereinbarung im Rahmen der Privatautonomie vor.

Auch im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände ergab sich keine Beurteilung der Vereinbarung als sittenwidrig. Schließlich folgte eine Nichtigkeit der Regelungen zu Versorgungsleistungen nicht aus einem Verstoß gegen das Deutsche-Welle-Gesetz.

Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 02.06.2025

Aktenzeichen: 21 Ca 16313/24