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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kursleiter für Integrationskurse als arbeitnehmerähnliche Person

Kursleiter für Integrationskurse als arbeitnehmerähnliche Person

Die Abgrenzung zwischen arbeitnehmerähnlicher Person i.S.v. § 2 Satz 2 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und einem Selbstständigen bestimmt sich nach den allgemeinen Merkmalen. § 12a Tarifvertragsgesetz (TVG) ist nicht unmittelbar heranzuziehen. Die Vorschrift enthält keine gesetzliche Definition für alle arbeitsrechtlichen Vorschriften, die auf das Rechtsverhältnis einer arbeitnehmerähnlichen Person anzuwenden sind. Das schließt nicht aus, die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 a) und b) TVG genannten Zeit- und Verdienstrelationen heranzuziehen.

Ein 1963 geborener und mit einem GdB von 50 schwerbehinderter Mitarbeiter war in der Zeit vom 28.06.2022 bis zum 18.10.2023 als Kursleiter in freier Mitarbeit für ein Unternehmen tätig, das Integrationskurse für Migranten im Auftrag des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge anbietet. Der Mitarbeiter musste den Unterricht persönlich erbringen und die Richtlinien und Vorschriften des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge beachten. Für die Tätigkeit war ein Honorar in Höhe von zuletzt 42,23 EUR je geleisteter Unterrichtseinheit (45 Minuten) vereinbarten. Hierzu hatte der Mitarbeiter jeweils spätestens 14 Tage nach Ablauf eines Kursabschnittes eine Honorarabrechnung erstellt. Ausgefallene Stunden wurden ihm nicht vergütet. Mit dem Honorar waren sämtliche Tätigkeiten inklusive der Vor- und Nachbereitung abgegolten.

Nach Beendigung der Zusammenarbeit forderte der Mitarbeiter  eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.022,95 EUR brutto von dem Unternehmen. Er war der Ansicht, dass er als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren sei und er daher einen Anspruch auf Urlaubsentgelt, hilfsweise auf Urlaubsabgeltung habe. Er behauptete, dass er mit den Honoraren, die er bei dem Unternehmen erzielt hatte, seinen Lebensunterhalt bestritten und in dieser Zeit keine anderweitigen Einkünfte erzielt habe.

Das Unternehmen wies darauf hin, dass nie festgestanden habe, dass der Mitarbeiter nach Beendigung eines Kurses einen Folgeauftrag erhalte, so dass die Existenzgrundlage auf Basis dieser vertraglichen Vereinbarungen schon gar nicht gesichert gewesen sei. Auf eine Dauerbeziehung sei das Vertragsverhältnis nicht angelegt gewesen. Der Mitarbeiter klagte auf Zahlung der Urlaubsabgeltung.

Das Arbeitsgericht sprach dem Mitarbeiter eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.598,75 EUR zu und wies die Klage im Übrigen ab. Das Landesarbeitsgericht wies die hiergegen gerichtete Berufung des Unternehmens zurück.

Der Anspruch des Mitarbeiters auf Urlaubsabgeltung ergab sich aus § 7 Abs. 4 BUrlG. Der Mitarbeiter war als arbeitnehmerähnliche Person für das Unternehmen tätig gewesen und hatte daher Anspruch auf bezahlten Urlaub bzw. Urlaubsabgeltung.

Die Abgrenzung zwischen einer arbeitnehmerähnlichen Person i.S.v. § 2 Satz 2 BUrlG und einem Selbstständigen bestimmt sich nach den allgemeinen Merkmalen. § 12a TVG ist nicht unmittelbar heranzuziehen. Die Vorschrift enthält keine gesetzliche Definition für alle arbeitsrechtlichen Vorschriften, die auf das Rechtsverhältnis einer arbeitnehmerähnlichen Person anzuwenden sind. Das schließt nicht aus, die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 a) und b) TVG genannten Zeit- und Verdienstrelationen heranzuziehen (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17.01.2006, Az.  9 AZR 61/05). Maßgebend ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls.

Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbstständige. Sie unterscheiden sich von Arbeitnehmern durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Arbeitnehmerähnliche Personen sind – in der Regel wegen ihrer fehlenden oder gegenüber Arbeitnehmern geringeren Weisungsgebundenheit, oft auch wegen fehlender oder geringerer Eingliederung in eine betriebliche Organisation – in wesentlich geringerem Maße persönlich abhängig als Arbeitnehmer. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit bzw. wirtschaftlichen Unselbstständigkeit. Außerdem muss die wirtschaftlich abhängige Person ihrer gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein (Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 11.07.2024, Az. 9 AZB 9/24).

Der Mitarbeiter war seit 2023 auf die Verwertung seiner Arbeitskraft und die Einkünfte aus der Tätigkeit für das Unternehmen zur Sicherung seiner Existenzgrundlage angewiesen. Zwar hatte das Unternehmen zutreffend erkannt, dass der Mitarbeiter ausweislich der Erläuterungen des Finanzamtes keine Gewinnermittlung zu den Einkünften eingereicht hatte, aber dies änderte nichts daran, dass der Mitarbeiter keine weiteren Einnahmen hatte. Auf den Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit kam es nicht an, da dieser jedenfalls geringer war als die Einnahmen. Die fortlaufende Nummerierung der Rechnungen war zudem ein Indiz, dass der Mitarbeiter zwischenzeitlich keine anderen Rechnungen ausgestellt hatte.

Der Mitarbeiter war damit seiner Darlegungslast für seine wirtschaftliche Abhängigkeit ausreichend nachgekommen. Das pauschale Bestreiten des Unternehmens war dementsprechend nicht mehr ausreichend. Vielmehr hätte sie konkrete Anhaltspunkte vortragen müssen, dass der Mitarbeiter über weitere Einnahmequellen oder erhebliche Vermögenswerte verfügte, die an einer wirtschaftlichen Abhängigkeit hätten zweifeln lassen. Entgegen der Ansicht des Unternehmens war es auch nicht entscheidend, dass der Mitarbeiter wegen der geringen zeitlichen Beanspruchung von durchschnittlich 13,15 Unterrichtseinheiten pro Woche auch noch die Möglichkeit gehabt hätte, durch weitere berufliche Tätigkeit Einkünfte zu erzielen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15.04.2025

Aktenzeichen: 7 SLa 511/24