Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte ab Überschreiten der individuellen Wochenarbeitszeit
Die Mitarbeiterin verlangte von der Arbeitgeberin unter dem Gesichtspunkt ihrer Diskriminierung als Teilzeitbeschäftigte gegenüber vollzeitig Beschäftigten die Zahlung von Überstundenzuschlägen für 62 Stunden. Dies verweigerte das Einzelhandelsunternehmen unter Verweis auf die tarifvertragliche Regelung und den grundgesetzlichen Schutz der Tarifautonomie. Die Mitarbeiterin erhob Klage.
Das Landesarbeitsgericht gab der Klage im Wesentlichen statt. Die Regelung im MTV zum Beginn der Mehrarbeitszuschläge erst ab der 39. Wochenstunde benachteiligt Teilzeitbeschäftigte. Dies folgt daraus, dass der MTV eine einheitliche Untergrenze für Mehrarbeitszuschläge aufstellt, ohne die verringerte Arbeitszeit Teilzeitbeschäftigter durch angepasste Auslösegrenzen zu berücksichtigen. Diese Benachteiligung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Insbesondere ergibt sich keine Rechtfertigung aus den von dem Einzelhandelsunternehmen herangezogenen arbeitsschutzrechtlichen Begrenzungen der Arbeitszeit. Denn die tarifvertragliche Regelung zu Mehrarbeitszuschlägen stellt auf die Überschreitung der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit ab und damit gerade nicht auf die Überschreitung der regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeit von acht Arbeitsstunden oder der gesetzlichen Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden. Folge der verbotswidrigen Diskriminierung ist eine Gleichstellung der Teilzeitbeschäftigten durch gerichtliche Entscheidung, wobei die Überschreitung der individuellen Wochenarbeitszeit Mehrarbeitszuschläge im Sinne einer „Anpassung nach oben“ auslöst.
Zwar ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.12.2024 (Az. 1 BvR 1109/21) im Falle eines Verstoßes gegen den grundgesetzlich verankerten allgemeinen Gleichheitssatz grundsätzlich eine tarifvertragliche Korrektur durch die Tarifvertragsparteien vorrangig vor einer gerichtlich festgesetzten Anpassung nach oben zu ermöglichen, ggf. durch die Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens. Dies begründet für den Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot zulasten von Teilzeitbeschäftigten aus § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) aber nicht die Aussetzung des Verfahrens. Eine gegenüber der „Anpassung nach oben“ vorrangige Aussetzung zur Ermöglichung von Tarifverhandlungen ist auf der Grundlage einer instanzgerichtlichen Einschätzung einer Tarifvorschrift als diskriminierend regelmäßig nicht angezeigt, wenn gegen die Entscheidung des Instanzgerichts ein Rechtsmittel zulässig ist.