Kündigung eines Profifußballers wegen politischer Äußerungen in sozialen Netzwerken
Am 15.10.2023 hatte der Spieler auf seinem Instagram-Account in englischer Sprache u.a. einen Eintrag gepostet, der mit den Satz „From the river to the sea, palestina will be free“ endete. Diesen Eintrag löschte er sieben Minuten später aufgrund eines Anrufs des Vereins. Am 17.10.2023 fand zwischen dem Spieler und dem Vorstand des Vereins ein persönliches Gespräch statt. Im Anschluss stellte der Verein den Spieler frei. Der Vorstand des Vereins lud den Spieler zu einem letzten Gespräch am 30.10.2023 ein, das jedoch aufgrund der am 29.10.2023 festgestellten Arbeitsunfähigkeit des Spielers nicht stattfand. In einer Pressemitteilung vom 30.10.2023 verzichtete der Verein allerdings ausdrücklich auf ein etwa entstandenes Recht zum Ausspruch einer Kündigung. Der Spieler postete, ohne den River-Sea-Slogan zu wiederholen, dass er sich von seinen vorherigen Äußerungen nicht distanzieren würde.
Der Verein sah das Verhalten des Spielers in Verbindung mit den schweren Terroranschlägen der Hamas als nicht vereinbar mit den Werten des Clubs und kündigte dem Spieler am 02.11.2023 außerordentlich fristlos in deutscher und englischer Sprache.
Als „an sich“ wichtiger Grund kommt sowohl die Verletzung vertraglicher Hauptpflichten als auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten in Betracht. Zu diesen Nebenpflichten zählt die Pflicht der Arbeitsvertragsparteien zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des jeweils anderen Teils. Der Arbeitnehmer ist nach § 241 Abs. 2 BGB auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Durch ein rechtswidriges außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers werden berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Eine Verletzung einer Nebenpflicht kann auch durch eine Äußerung in den sozialen Medien erfolgen.
Das Verhalten des Spielers im Nachgang zu dem Überfall der Terrororganisation Hamas am 07.10.2023 und seine Posts in den sozialen Medien rechtfertigten jedoch die außerordentliche fristlose Kündigung des Vereins vom 02.11.2023 nicht. Der Verein konnte sich zur Rechtfertigung der vorgenannten Kündigung nicht auf das Verhalten des Spielers in dem vorgenannten Zeitraum berufen. Schließlich hatte er in der auch vom Spieler zur Kenntnis genommenen Pressemitteilung vom 30.10.2023 auf ein etwa entstandenes Recht zum Ausspruch einer Kündigung wegen des ihm bekannten Verhaltens des Spielers ausdrücklich verzichtet.
Ansonsten fehlte es aber auch an einem „an sich“ wichtigen Grund für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Die politischen Äußerungen des Spielers stellten keine Verletzungen der dem Spieler aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar, jedenfalls nicht im Licht der in diesem Zusammenhang maßgeblich zu berücksichtigenden und verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Schließlich hatte der Kläger weder den Hamas-Terror gebilligt noch Israel das Existenzrecht abgesprochen. Selbst dann, wenn der Spieler in einem Post der Pressemitteilung des Vereins vom 30.10.2023 unberechtigt widersprochen hätte und darin eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten zu sehen wäre und hierin ein „an sich“ wichtiger Grund für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung gesehen werden könnte, hätte der Verein den Spieler wegen des Widerspruchs zunächst abmahnen müssen. Eine ordnungsgemäße Abmahnung des Spielers wegen gleichartiger Pflichtverletzungen lag allerdings nicht vor.