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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kündigung eines Profifußballers wegen politischer Äußerungen in sozialen Netzwerken

Kündigung eines Profifußballers wegen politischer Äußerungen in sozialen Netzwerken

Die politischen Äußerungen eines Profifußballers stellen keine Verletzungen der dem Verein aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar, jedenfalls nicht im Licht der in diesem Zusammenhang maßgeblich zu berücksichtigenden und verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz – GG). Dies gilt vor allem, wenn der Spieler weder den Hamas-Terror billigt noch Israel das Existenzrecht abspricht.

Ein heute 30-jähriger niederländischer Profifußballer mit marokkanischen Wurzeln war bei einem in Mainz ansässigen Verein tätig, dessen 1. Herrenmannschaft Profifußball in der 1. Bundesliga spielt. In der Saison 2023/2024 war der Spieler zunächst in der niederländischen Eredivisie registriert und spielte ab dem 21.09.2023 als Lizenzfußballspieler zu einem monatlichen Bruttogehalt von 150.000 EUR unter Ausschluss der ordentlichen Kündigung beim dem Verein. Der Spielervertrag konnte allerdings aus wichtigem Grund (§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) fristlos gekündigt werden. Zudem enthielt er eine Regelung zu Verhaltenspflichten der Lizenzspieler in der Öffentlichkeit und im Privatleben sowie eine Regelung in Sachen Vertraulichkeit.

Am 15.10.2023 hatte der Spieler auf seinem Instagram-Account in englischer Sprache u.a. einen Eintrag gepostet, der mit den Satz „From the river to the sea, palestina will be free“ endete. Diesen Eintrag löschte er sieben Minuten später aufgrund eines Anrufs des Vereins. Am 17.10.2023 fand zwischen dem Spieler und dem Vorstand des Vereins ein persönliches Gespräch statt. Im Anschluss stellte der Verein den Spieler frei. Der Vorstand des Vereins lud den Spieler zu einem letzten Gespräch am 30.10.2023 ein, das jedoch aufgrund der am 29.10.2023 festgestellten Arbeitsunfähigkeit des Spielers nicht stattfand. In einer Pressemitteilung vom 30.10.2023 verzichtete der Verein allerdings ausdrücklich auf ein etwa entstandenes Recht zum Ausspruch einer Kündigung. Der Spieler postete, ohne den River-Sea-Slogan zu wiederholen, dass er sich von seinen vorherigen Äußerungen nicht distanzieren würde.

Der Verein sah das Verhalten des Spielers in Verbindung mit den schweren Terroranschlägen der Hamas als nicht vereinbar mit den Werten des Clubs und kündigte dem Spieler am 02.11.2023 außerordentlich fristlos in deutscher und englischer Sprache.

Auf die Klage des Spielers stellte das Arbeitsgericht fest dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden war und verurteilte den Verein zur Zahlung sämtlicher Gehälter. Auf die Berufung des Vereins bestätigte das Landesarbeitsgericht die erstinstanzliche Entscheidung weitestgehend.

Die außerordentliche fristlose Kündigung des Vereins hatte das Arbeitsverhältnis mit dem Spieler nicht beendet.

Die Kündigung war nicht nach § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Danach kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei obliegt dem Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes.

Als „an sich“ wichtiger Grund kommt sowohl die Verletzung vertraglicher Hauptpflichten als auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten in Betracht. Zu diesen Nebenpflichten zählt die Pflicht der Arbeitsvertragsparteien zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des jeweils anderen Teils. Der Arbeitnehmer ist nach § 241 Abs. 2 BGB auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Durch ein rechtswidriges außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers werden berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Eine Verletzung einer Nebenpflicht kann auch durch eine Äußerung in den sozialen Medien erfolgen.

Das Verhalten des Spielers im Nachgang zu dem Überfall der Terrororganisation Hamas am 07.10.2023 und seine Posts in den sozialen Medien rechtfertigten jedoch die außerordentliche fristlose Kündigung des Vereins vom 02.11.2023 nicht. Der Verein konnte sich zur Rechtfertigung der vorgenannten Kündigung nicht auf das Verhalten des Spielers in dem vorgenannten Zeitraum berufen. Schließlich hatte er in der auch vom Spieler zur Kenntnis genommenen Pressemitteilung vom 30.10.2023 auf ein etwa entstandenes Recht zum Ausspruch einer Kündigung wegen des ihm bekannten Verhaltens des Spielers ausdrücklich verzichtet.

Ansonsten fehlte es aber auch an einem „an sich“ wichtigen Grund für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Die politischen Äußerungen des Spielers stellten keine Verletzungen der dem Spieler aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar, jedenfalls nicht im Licht der in diesem Zusammenhang maßgeblich zu berücksichtigenden und verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Schließlich hatte der Kläger weder den Hamas-Terror gebilligt noch Israel das Existenzrecht abgesprochen. Selbst dann, wenn der Spieler in einem Post der Pressemitteilung des Vereins vom 30.10.2023 unberechtigt widersprochen hätte und darin eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten zu sehen wäre und hierin ein „an sich“ wichtiger Grund für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung gesehen werden könnte, hätte der Verein den Spieler wegen des Widerspruchs zunächst abmahnen müssen. Eine ordnungsgemäße Abmahnung des Spielers wegen gleichartiger Pflichtverletzungen lag allerdings nicht vor.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12.11.2025

Aktenzeichen: 3 SLa 254/24