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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kündigung des Geschäftsführers wegen unzulässiger Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern

Kündigung des Geschäftsführers wegen unzulässiger Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern

Die Verletzung von Überwachungs- und Kontrollpflichten des ressortfremden Mitgeschäftsführers betreffend sachlich nicht gerechtfertigte Höhergruppierung von Betriebsratsmitgliedern kann die fristlose Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrags rechtfertigen.

Ein Mitarbeiter war seit 2014 als Geschäftsführer eines Unternehmens beschäftigt, das den öffentlichen Nahverkehr in Wiesbaden betreibt. Der Geschäftsführer war zuletzt u.a. für den Bereich Personal zuständig. Im Herbst 2021 erreichten die Stadt Wiesbaden verschiedene (anonyme) Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung des Unternehmens. Daraufhin betrieb das Unternehmen eine umfassende Sachverhaltsaufklärung auch unter Einschaltung einer externen Rechtsanwaltskanzlei. Unter Bezugnahme auf einen Zwischenbericht dieser Kanzlei von Ende Februar 2022 kündigte das Unternehmen Anfang März 2022 den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers außerordentlich fristlos. Der Geschäftsführer akzeptierte die Kündigung nicht und erhob Klage beim Landgericht auf Zahlung von Tantiemen für das Jahr 2021 i.H.v. 24.000 EUR und auf restliche Vergütung bis zum Vertragsende nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Das Unternehmen erhob Widerklage auf Feststellung, dass die außerordentliche fristlose Kündigung wirksam ist.

Das Gericht sprach dem Geschäftsführer die Tantiemen für das Jahr 2021 zu, wies jedoch die weitergehende Klage auf restliche Vergütung bis zum Vertragsende nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist ab. Auf die Widerklage des Unternehmens stellte das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung wirksam war.

Die hiergegen eingelegten Berufungen beider Streitparteien blieben vor dem Oberlandesgericht erfolglos.

Das Dienstverhältnis des Geschäftsführers war wirksam durch die außerordentliche Kündigung Anfang März beendet worden. Der der Kündigungserklärung zugrunde liegende Aufsichtsratsbeschluss war formell wirksam. Insbesondere genügte es zur ordnungsgemäßen Einladung der Aufsichtsratsmitglieder betreffend eine etwaige Beschlussfassung über die außerordentliche Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages, die Aufsichtsratssitzung mit dem Tagesordnungspunkt „Abberufung des Geschäftsführers“ unter Beifügung der Beschlussvorlage zur Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund sowie zur Freistellung des Geschäfts einzuberufen. Im Übrigen waren die Voraussetzung einer Vollversammlung gegeben, da sich alle Aufsichtsratsmitglieder ohne ausdrücklichen Widerspruch an der Abstimmung beteiligt hatten.

Die Kündigung war auch materiell wirksam. Zum einen war die Zweiwochenfrist zum Ausspruch der Kündigung eingehalten worden. Dass der für die Abberufung und Kündigung des Geschäftsführers satzungsgemäß zuständige Aufsichtsrat als Kollegialorgan vor dem Vorliegen des Zwischenberichts positive Kenntnis über alle für die Kündigung des Dienstvertrages des Geschäftsführers maßgeblichen – belastenden wie entlastenden – Umstände gehabt hätte, war nicht ersichtlich.

Es lag auch ein wichtiger Grund zur Kündigung vor. Die von dem Unternehmen vorgelegten rechtskräftigen Arbeitsgerichtsurteile betreffend dreier Betriebsratsmitglieder und eines Schwerbehindertenvertreters enthielten substantiierten Vortrag zur Unzulässigkeit einzelner Höhergruppierungen und Zulagengewährungen. Der Geschäftsführer hatte diese nicht hinreichend entkräftet. Dies wäre ihm aufgrund seiner vormaligen Sachnähe als früherer Geschäftsführer möglich und zumutbar gewesen. Zwar war der Geschäftsführer für das Personalwesen nicht zuständig gewesen. Gleichwohl war er anlassbezogen zur Kontrolle und Überwachung des ressortzuständigen Mitgeschäftsführers verpflichtet gewesen. Er hatte die Höhergruppierungen und Zulagengewährungen unterzeichnet und war in den streitgegenständlichen Fällen in die den einzelnen Vergütungsentscheidungen vorausgegangene Kommunikation zwischen Personalabteilung und Geschäftsführer eingebunden gewesen. Damit hatte begründeter Anlass bestanden, die Gehaltsentwicklungen der Betriebsratsmitglieder zu hinterfragen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass Entscheidungen der Geschäftsführung dem Legalitätsprinzip entsprechen.

Die Berufung des Unternehmens gegen die zugesprochenen Tantiemen hatte ebenfalls keinen Erfolg. Insbesondere handelte der Geschäftsführer nicht treuwidrig, als er trotz seiner Pflichtverletzungen diesen Anspruch geltend machte. Die Verletzung eigener Pflichten durch den Geschäftsführer kann grundsätzlich nur Gegenansprüche des Unternehmens auslösen, hindert den Geschäftsführer aber nicht, eigene Ansprüche geltend zu machen. Allenfalls in besonders krass liegenden Fällen, in denen sich der Dienstpflichtige gegenüber dem anderen Teil grob unanständig verhalten hat, kann es gerechtfertigt sein, dem Vergütungsanspruch den Arglisteinwand entgegenzuhalten. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor.

Das Gericht hat die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Gleichwohl ist die Entscheidung nicht rechtskräftig. Beide Parteien können Nichtzulassungsbeschwerde erheben.

Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20.11.2025

Aktenzeichen: 5 U 15/24