Berechnung und Erfüllung von Urlaub auf der Grundlage von Arbeitstagen
Die Berechnung des Urlaubsanspruchs und dessen Erfüllung hat auf der Grundlage von Arbeitstagen und nicht von Kalendertagen zu erfolgen. Dies gilt auch im Rettungsdienst. Unter Berücksichtigung der in §§ 9 bis 13 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vorgesehenen Ruhetage wäre die dauerhafte Beschäftigung in einer Siebentagewoche nicht zulässig. Somit kann der Anspruch eines Rettungssanitäters auf Urlaub nicht 42 Kalendertage betragen.
Ein Mitarbeiter war seit 1996 als Notfallsanitäter in Vollzeit bei einem Rettungsdienst tätig, der seine Dienstleistungen ganzjährig und 24 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche erbringt. Auf das Arbeitsverhältnis finden der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD-V-VKA) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung.
Unter Zugrundelegung einer Siebentagewoche errechnete die Arbeitgeberin für den Mitarbeiter einen kalenderjährlichen Urlaubsanspruch von 42 Tagen. Auf Anordnung der Arbeitgeberin hatte der Mitarbeiter bei Inanspruchnahme von einer Woche Urlaub auch für in dieser Woche liegende gesetzliche Feiertage sowie für den 24.12. und für den 31.12. Urlaub zu nehmen. Dementsprechend wurde sein Urlaubskonto aufgrund der Freistellungen am 03.10.2019, am 06.06.2022, vom 25.12. – 26.12.2022, am 01.05.2023 und am 31.10.2023 sowie am 24.12. der Jahre 2021, 2022 und 2023 belastet.
Hiergegen wandte sich der Mitarbeiter. Er war der Ansicht, er habe an diesen 9 Tagen nicht zwecks Inanspruchnahme von Urlaub von der Arbeit freigestellt werden können, da er nach dem Dienstplan ohnehin nicht habe arbeiten müssen. Hilfsweise verlangte er, dass seinem Arbeitszeitkonto gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-V-VKA 5,7 Stunden für jeden der bezeichneten (Vor-)Feiertage gutgeschrieben werden. Als die Arbeitgeberin dies verweigerte, klagte der Mitarbeiter beim Arbeitsgericht.
Das Arbeitsgericht gab der Klage hinsichtlich der Gutschrift von 91,2 Stunden statt und wies sie im Übrigen ab. Auf die Berufung des Mitarbeiters änderte das Landesarbeitsgericht ab und verurteilte die Arbeitgeberin, die als Urlaub berechneten neun Tage dem Urlaubskonto des Mitarbeiters gutzuschreiben. Auf die Revision der Arbeitgeberin hob das Bundesarbeitsgerichts das Berufungsurteil insoweit auf, als es dem Hauptantrag stattgegeben hatte, und wies die Sache insofern zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück.
Das Landesarbeitsgericht hatte seiner Entscheidung zu Unrecht einen in Kalendertagen bemessenen Urlaubsanspruch zugrunde gelegt. Die Beurteilung, in welchem Umfang der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub und den Tarifurlaub aus dem TVöD-V-VKA besteht und erfüllt wird, erfolgt anhand einer arbeitstagbezogenen Betrachtung.
Die Berechnung verstieß gegen die Vorgaben aus § 26 Abs. 1 Satz 2 und 3 TVöD-V-VKA und § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD-V-VKA beträgt der Urlaubsanspruch bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage. Nach der Konzeption des Tarifvertrags stehen Arbeits- und Urlaubstage in Relation zueinander. Grundlage für die Urlaubsberechnung können grundsätzlich nur Tage sein, an denen der Arbeitnehmer zur Arbeit verpflichtet ist. Die Anzahl der Urlaubstage ist deshalb unter Berücksichtigung der für das Urlaubsjahr maßgeblichen Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage zu ermitteln. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch danach entsprechend.
Dies entspricht der Regelung in § 3 Abs. 1 BUrlG, nach der die Zahl der Urlaubstage ausgehend vom Erholungszweck des gesetzlichen Mindesturlaubs in Abhängigkeit von der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht bestimmt wird, und gewährleistet für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer von vorliegend sechs Wochen pro Jahr und entspricht dem Urlaubszweck. Der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach § 1 BUrlG sowie der durch Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG unionsrechtlich gewährleistete Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub soll es dem Arbeitnehmer ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum der Erholung, Entspannung und Freizeit zu verfügen.
Bei einem tariflichen Urlaubsanspruch von sechs Wochen beziehen sich die 42 Kalendertage Urlaub, von denen das Landesarbeitsgericht ausgegangen war, auf alle sieben Tage einer Woche. Um einen Urlaubsanspruch von 42 (Kalender-)Tagen zu erwerben, müssten die bei der Arbeitgeberin beschäftigten Rettungssanitäter durchgehend an allen sieben Tagen der Woche tätig sein. Auch wenn diese Personengruppe nach Maßgabe des Dienstplans an gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12. zur Arbeit eingeteilt werden kann, sieht das bei der Arbeitgeberin praktizierte rollierende Dienstplanmodell keine Siebentagewoche für den einzelnen Arbeitnehmer vor. Unter Berücksichtigung der in §§ 9 bis 13 ArbZG vorgesehenen Ruhetage wäre die dauerhafte Beschäftigung in einer Siebentagewoche auch nicht zulässig. Somit kann der Anspruch eines Rettungssanitäters auf Urlaub nicht 42 Kalendertage betragen. Bei der vom Landesarbeitsgericht vorgenommenen Berechnung müsste ein Arbeitnehmer – den aufgezeigten urlaubsrechtlichen Grundsätzen widersprechend – auch Tage einsetzen, an denen keine Arbeitspflicht besteht.