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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Druckkündigung: Entlassung eines Arbeitnehmers auf Verlangen der Belegschaft

Druckkündigung: Entlassung eines Arbeitnehmers auf Verlangen der Belegschaft

Beim Verlangen der Belegschaft oder eines Teils der Belegschaft auf Entlassung eines Arbeitnehmers (Druckkündigung) darf der Arbeitgeber diesem nicht ohne weiteres nachgeben. Er hat sich aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen und alles Zumutbare zu versuchen, um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen. Nur wenn daraufhin trotzdem ein Verhalten in Aussicht gestellt wird, z.B. Streik oder Massenkündigung, und dadurch schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung gerechtfertigt sein. Dabei ist jedoch Voraussetzung, dass die Kündigung das einzig in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden.

Eine Arbeitgeberin hatte auf Druck der Belegschaft das Arbeitsverhältnis mit einem aufgrund Tarifvertrags ordentlich unkündbaren Mitarbeiter außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt und hilfsweise die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil gegen Abfindungszahlung gemäß § 9 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) beantragt.
Das Gericht entschied, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer Druckkündigung nicht erfüllt waren. Es war kein konkretes, ausreichend planmäßiges und geeignetes aktives Handeln der Arbeitgeberin erkennbar, um das angespannte Arbeitsklima zu lösen. Die Arbeitgeberin hatte nicht den Versuch einer innerbetrieblichen Mediation unternommen. Eine abgebrochene Mediation aus dem Mai 2018 genügte nicht, weil sie nicht die danach aufgetretenen Probleme einbeziehen konnte. Die letzten Mediationsangebote der Arbeitgeberin führten zu keinem anderen Ergebnis. Es wäre erforderlich gewesen, einen betriebsinternen Gesprächstermin einzurichten. Der Versuch eines Präventionsverfahrens vor dem Integrationsamt im Jahre 2019 war nicht ausreichend.

Auch hatte sich die Arbeitgeberin in Person ihrer Geschäftsführerin nicht ausreichend schützend vor den betroffenen Mitarbeiter gestellt und zum Ausdruck gebracht, dass sie diskriminierendes und geringschätzendes Verhalten nicht duldet. Es obliegt dem Arbeitgeber, der Belegschaft zu kommunizieren, dass die Voraussetzungen für eine Kündigung des von dem Druck betroffenen Arbeitnehmers grundsätzlich nicht vorliegen. Die Kündigung ist auch bei einer Gesamtschau der behaupteten Vielzahl an Konflikten in den vergangenen Jahren nicht aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt, sondern unverhältnismäßig. Es hätte einer Abmahnung konkreter Vertragspflichtverletzungen bedurft.Auch der Auflösungsantrag der Arbeitgeberin war unbegründet. Der Arbeitgeber kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einer für unwirksam erklärten außerordentlichen Kündigung nicht beantragen. Das gilt auch für eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger oder „sozialer“ Auslauffrist. Auf das Vorliegen von Auflösungsgründen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kam es deshalb nicht an. Im Fall der Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung steht der Auflösungsantrag ausschließlich dem Arbeitnehmer zu. Eine analoge Anwendung von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf Fälle der für unwirksam erklärten fristlosen arbeitgeberseitigen Kündigung kommt nicht in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn das Recht des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, tariflich ausgeschlossen ist. Der Ausschluss des Antragsrechts gilt auch im Zusammenhang mit einer für unwirksam erkannten außerordentlichen Kündigung, die unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigung entsprechenden Auslauffrist ausgesprochen worden ist, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine notwendige oder um eine soziale Auslauffrist handelt.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13.05.2025

Aktenzeichen: 10 SLa 687/24