Entschädigung wegen Diskriminierung: MS-Office Kenntnisse müssen nicht mit Zeugnissen belegt werden
Der Arbeitgeber war der Auffassung, der Bewerber hätte nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, da er offensichtlich ungeeignet für die Stelle i.S.d. § 165 Satz 4 SGB IX sei. Die Stellenausschreibung habe nachgewiesene, sehr gute MS-Office-Kenntnissen verlangt. Der Bewerber habe dazu in seiner Bewerbung aber nur geschrieben, dass der Umgang mit allen gängigen Office-Anwendungen für ihn selbstverständlich sei und keine Nachweise eingereicht. Außerdem sei die Bewerbung rechtsmissbräuchlich gewesen. Der Bewerber habe auffällig viele Textbausteine verwendet.
Das Arbeitsgericht hat den Arbeitgeber verurteilt, dem abgelehnten Bewerberr eine Entschädigung in Höhe von 3.450 EUR zu zahlen.
Der Arbeitgeber hatte gegen seine Verpflichtung nach § 165 Satz 3 SGB IX verstoßen, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Der Arbeitgeber war von dieser Verpflichtung nicht gemäß § 165 Satz 4 SGB IX ausnahmsweise befreit, denn der Bewerber war nicht offensichtlich ungeeignet für die Stelle. Vielmehr hatte er in seinem Bewerbungsschreiben Angaben zu seiner fachlichen Qualifikation gemacht und diesem Schreiben einen Lebenslauf beigefügt, in dem er seine Abschlüsse, Ausbildungsstationen, die Ausbildungsinhalte und seine bisherigen beruflichen Tätigkeiten im Einzelnen erläuterte. Die Bewerbung enthielt auch Zeugnisse, anhand derer der Arbeitgeber die fachliche Eignung des Bewerbers prüfen konnte.
Der Umgang mit MS-Office ist für die meisten Menschen selbstverständlich, ohne dass dieses in Zeugnissen besonders erwähnt werden müsste. Außerdem können sehr gute MS-Office Kenntnisse auch ohne umfangreiche Schulungen im täglichen Gebrauch erworben werden. Von dem Fehlen irgendwelcher Nachweise kann daher nicht darauf geschlossen werden, dass keine sehr guten MS-Office Kenntnisse vorliegen. Das galt hier auch, obwohl der Arbeitgeber in der Stellenausschreibung entsprechende Nachweise erwünscht hatte.
Der Arbeitgeber konnte die Vermutung, dass eine Diskriminierung aufgrund der Schwerbehinderung des Bewerbers vorliegt, nicht widerlegen. Er hatte zur Widerlegung der Vermutung lediglich vorgetragen, dass die andere Bewerberin, die letztlich eingestellt wurde, fachlich deutlich besser geeignet gewesen wäre als der Bewerber und dass der Bewerber aus anderen, nicht diskriminierenden Gründen nicht eingestellt wurde. Ein solcher Vortrag genügt allerdings nicht, um die Vermutung einer Diskriminierung zu widerlegen. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers konnte die Bewerbung auch nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Die Bewerbung war zwar kurz gehalten, aber dies ließ nicht darauf schließen, dass der Bewerber die Stelle überhaupt nicht haben wollte.
Das Gericht hielt jedoch eine Entschädigung in Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern für angemessen. Der Maximalhöhe von drei Bruttomonatsgehältern bedurfte es im vorliegenden Fall nicht, um eine wirksame und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber zu gewährleisten.