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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Inflationsausgleichsprämie: Stichtagsbindung ist unwirksam

Inflationsausgleichsprämie: Stichtagsbindung ist unwirksam

Der Anspruch auf eine – jedenfalls auch – als Gegenleistung für die Erbringung der Arbeitsleistung geschuldete Inflationsausgleichsprämie kann in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers (AGB) nicht durch eine Stichtagsregelung oder eine Rückzahlungsklausel vom (Fort-)Bestehen des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden. Dass die Inflationsausgleichsprämie erbrachte Betriebstreue honorieren und Anreiz für künftige Betriebstreue sein soll, schließt die Annahme eines arbeitsleistungsbezogenen Entgeltcharakters nicht aus.

Ein Mitarbeiter war seit September 2011 zuletzt in Vollzeit mit einem Bruttomonatsgehalt von 3.168,75 EUR bei einer Arbeitgeberin beschäftigt. Mitte November 2022 hatte die Arbeitgeberin an ihre Mitarbeitenden im betrieblichen Intranet eine Mitteilung zur Inflationsausgleichsprämie veröffentlicht. Darin hieß es u.a., dass die Gewährung der Inflationsausgleichsprämie unter der Bedingung stehe, dass der jeweilige Mitarbeitende nicht in der Zeit bis einschließlich 31.03.2023 aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet. Die Inflationsausgleichsprämie müsse zudem zurückgezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis durch Kündigung bis einschließlich 31.03.2023 beendet wird, ohne dass für diese Kündigung ein wichtiger Grund besteht.

Das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters endete durch seine Kündigung mit Ablauf Jahres 2022. Die Arbeitgeberin zahlte an ihn keine Inflationsausgleichsprämie. Angesichts der Staffelung hätte ihm eine Inflationsausgleichprämie in Höhe von 3.000 EUR zugestanden. Der Mitarbeiter wollte nicht darauf verzichten. Er war der Ansicht, dass die Stichtagsregelung unwirksam sei. § 3 Nr. 11c Einkommensteuergesetz (EStG) lasse es nicht zu, die Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie von der künftigen Betriebstreue abhängig zu machen. Deren Zweck dürfe allein die Abmilderung der Kaufkrafteinbußen sein. Zudem sei die Stichtagsregelung unangemessen benachteiligend i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Zusage der Arbeitgeberin knüpfe an eine bereits erbrachte Arbeitsleistung an. Die Gegenleistung hierfür könne nicht von der Betriebstreue abhängig gemacht werden.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hatte die Entscheidung bestätigt. Auf die Revision des Mitarbeiters hat das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil abgeändert und der Klage stattgegeben.

Der Mitarbeiter hat gegen die Arbeitgeberin aufgrund Gesamtzusage einen Anspruch auf Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie.

Einem Anspruch des Mitarbeiters stand weder die Stichtagsregelung in Abs. 5 Satz 3 noch die Rückzahlungsklausel in Abs. 5 Satz 4 der Gesamtzusage entgegen. Die Vorbehalte hielten einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB nicht stand. Der Anspruch auf eine – jedenfalls auch – als Gegenleistung für die Erbringung der Arbeitsleistung geschuldete Inflationsausgleichsprämie kann in AGB nicht durch eine Stichtagsregelung oder eine Rückzahlungsklausel vom (Fort-)Bestehen des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden. Entsprechende Regelungen sind unangemessen benachteiligend i.S.v. § 307 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BGB und deshalb unwirksam. Sie stehen im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611a Abs. 2 BGB und verkürzen die nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers.

Bei der von der Arbeitgeberin zugesagten Inflationsausgleichsprämie handelte es sich um Entgelt, das jedenfalls auch als Gegenleistung für die Erbringung der Arbeitsleistung geschuldet war. Dass die Inflationsausgleichsprämie erbrachte Betriebstreue honorieren und Anreiz für künftige Betriebstreue sein soll, schließt die Annahme eines arbeitsleistungsbezogenen Entgeltcharakters nicht aus (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 03.07.2024, Az. 10 AZR 171/23 und vom 13.11.2013, Az. 10 AZR 848/12; zu einer Betriebsvereinbarung vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2023, Az 10 AZR 288/22).

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.05.2025

Aktenzeichen: 10 AZR 121/24