Keine Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit wegen Hautentzündungen infolge einer Tätowierung
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) handelt ein Arbeitnehmer dann schuldhaft, wenn er in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verstößt. Dass es in bis zu 5% der Fälle nach Tätowierungen zu Komplikationen in Form von Entzündungsreaktionen der Haut kommt, ist keine völlig fernliegende Komplikation. Wer sich tätowieren lässt, erhält daher bei Komplikationen keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Eine als Pflegehilfskraft beschäftigte Mitarbeiterin ließ sich am Unterarm tätowieren. In der Folge entzündete sich die tätowierte Stelle. Die Mitarbeiterin wurde daraufhin für mehrere Tage krankgeschrieben. Die Arbeitgeberin lehnte die Entgeltfortzahlung für diesen Zeitraum ab, da die Mitarbeiterin ihre Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet habe.
Die Mitarbeiterin meinte, sie mache nicht Entgeltfortzahlung für den Tätowierungsvorgang geltend, sondern für eine davon zu trennende zeitlich nachfolgende Entzündung der Haut. Ihr sei kein Verschulden vorzuwerfen. Es habe sich ein sehr geringes Risiko, das nur bei 1-5% der Fälle von Tätowierungen auftrete, verwirklicht. Tätowierungen seien als Teil der privaten Lebensführung geschützt und mittlerweile weit verbreitet.
Die Arbeitgeberin entgegnete, die Mitarbeiterin habe bei der Tätowierung in eine Körperverletzung eingewilligt. Das Risiko einer sich anschließenden Infektion gehöre deshalb nicht zum normalen Krankheitsrisiko und könne dem Arbeitgeber nicht aufgebürdet werden.
Das Arbeitsgeircht wies die auf Entgeltfortzahlung gerichtete Klage der Mitarbeiterin ab. Die Berufung der Mitarbeiterin zum Landesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.
Die Mitarbeiterin war zwar arbeitsunfähig krank. Sie hat die Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG aber selbst verschuldet. Nach dieser Vorschrift handelt ein Arbeitnehmer immer dann schuldhaft, wenn er in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verstößt. Die Mitarbeiterin musste bei Tätowierung damit rechnen, dass sich ihr Unterarm entzündet. Dieses Verhalten stellt einen groben Verstoß gegen ihr eigenes Gesundheitsinteresse dar.
Die Mitarbeiterin hatte selbst vorgetragen, dass es in bis zu 5% der Fälle nach Tätowierungen zu Komplikationen in Form von Entzündungsreaktionen der Haut komme. Dies ist keine völlig fernliegende Komplikation. Bei Medikamenten wird eine Nebenwirkung als „häufig“ angegeben, wenn diese in mehr als 1% aber weniger als 10% der Fälle auftritt. Zudem ist die Komplikation in der Hautverletzung durch die Tätowierung selbst angelegt.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 22.05.2025
Aktenzeichen: 5 Sa 284 a/24