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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kündigung wegen Krankmeldung als unzulässige Maßregelung des Arbeitnehmers

Kündigung wegen Krankmeldung als unzulässige Maßregelung des Arbeitnehmers

Eine Kündigung aus Anlass einer Krankmeldung kann gegen das Maßregelungsverbot (§ 612a Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) verstoßen, weil der Arbeitnehmer mit der Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zugleich sein Recht geltend macht, nicht zur Arbeit erscheinen zu müssen. Eine unzulässige Maßregelung kommt aber nur in Betracht, wenn gerade das zulässige Fernbleiben von der Arbeit sanktioniert werden soll.

Ein Mitarbeiter erlitt in seiner Probezeit Verletzungen nach einem Arbeitsunfall. Zwei Tage nach der Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kündigte ihm der Arbeitgeber. Der Mitarbeiter meinte, der Arbeitgeber habe ihm wegen seiner Krankscheibung gekündigt und damit gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) verstoßen, weshalb die Kündigung unwirksam sei. Er erhob Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht. Der Arbeitgeber meinte, der Grund für die Kündigung sei nicht die Krankschreibung gewesen, sondern die Unzufriedenheit mit der Arbeitsleistung des Mitarbeiters in der Probezeit.

Das Arbeitsgericht wies die Klage im Wesentlichen ab. Auch die Berufung des Mitarbeiters beim Landesarbeitsgericht blieb ohne Erfolg. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, weil der Arbeitnehmer mit der Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zugleich sein Recht geltend macht, nicht zur Arbeit erscheinen zu müssen (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.05.2021, Az. 2 AZR 560/20). Ein Verstoß gegen § 612a BGB hätte hier in diesem Fall also darin gesehen werden können, dass der Mitarbeiter kurz vor der Kündigung eine ärztiche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hatte.

Hier sprachen jedoch die Umstände dafür, dass die Kündigung nicht wegen der Krankmeldung, sondern aus anderen Gründen erfolgt war. So hatte sich herausgestellt, dass die von einer spanischen Agentur vermittelten Arbeitnehmer nicht angemessen Deutsch zu sprechen in der Lage waren. Auch verfügten sie nicht über Erfahrungen als Fahrer. Es kam daher gehäuft zu Verkehrsunfällen. Der Mitarbeiter hatte zwar bestritten, an Unfällen beteiligt gewesen zu sein, es blieb aber der Umstand bestehen, dass sich die Arbeitgeberin von insgesamt drei der ursprünglich vier über die spanische Vermittlungsfirma zu ihr gekommenen Arbeitnehmer getrennt hatte.

Dies sprach dafür, dass die Kündigung des Mitarbeiters keine herausgreifende Einzelfallentscheidung gewesen war, die als Reaktion auf den Arbeitsunfall und auf die damit einhergehende Arbeitsunfähigkeit erfolgt war. Die Arbeitgeberin hatte sinngemäß dargelegt, dass sie weder mit dem klagenden Mitarbeiter noch mit den beiden anderen spanischen Mitarbeitern zufrieden gewesen sei. Während der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses, die als eine Art Probezeit gemäß § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ausgestaltet sind, stellt dies einen ausreichenden Vortrag dar, um eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Unterhalb der Schwelle einer Kontrolle der Sozialgemäßheit der Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG reichen auch bloße subjektive Bewertungen der Arbeitgeberin aus, um eine Kündigung zu begründen. Objektiv nachvollziehbar war jedenfalls, dass der Mitarbeiter nicht über besonders gute Deutschkenntnisse verfügte, was sich darin widerspiegelte, dass auf seinen Wunsch hin ein Dolmetscher zur Verhandlung in beiden Instanzen zu laden war.

Der Ausspruch der Kündigung zwei Tage nach Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellte somit lediglich eine zeitliche Koinzidenz dar. Die Arbeitgeberin hatte das Arbeitsverhältnis aber in der Hauptsache nicht deshalb gekündigt, um sich ihrer Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung zu entziehen. Es gab nicht genügend Anhaltspunkte, dies als den Hauptzweck der Kündigung anzusehen.

Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28.03.2025

Aktenzeichen: 10 SLa 916/24