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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Paarvergleich: Anspruch auf Entgeltdifferenz wegen Geschlechtsdiskriminierung

Paarvergleich: Anspruch auf Entgeltdifferenz wegen Geschlechtsdiskriminierung

Männer und Frauen haben bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Anspruch auf gleiches Entgelt. Klagt eine Arbeitnehmerin auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das eines männlichen Kollegen, der die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, regelmäßig die Vermutung, dass diese Benachteiligung wegen des Geschlechts erfolgt ist. Kann der Arbeitgeber die aus einem solchen Paarvergleich folgende Vermutung einer Benachteiligung wegen des Geschlechts nicht widerlegen, ist er nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Zahlung des Entgelts verpflichtet, das er dem zum Vergleich herangezogenen Kollegen gezahlt hat.

Eine Mitarbeiterin verlangte von ihrem Arbeitgeber hinsichtlich mehrerer Entgeltbestandteile rückwirkend die finanzielle Gleichstellung mit bestimmten männlichen Vergleichspersonen und verklagte ihren Arbeitgeber. Zur Begründung ihrer Ansprüche stützte sie sich u.a. auf Angaben der Arbeitgeberin in einem sog. Dashboard, das im Intranet der Erteilung von Auskünften i.S.d. Entgelttransparenzgesetzes dient. Das Einkommen der von der Mitarbeiterin zum Vergleich herangezogenen Kollegen lag über dem Medianentgelt aller in derselben Hierarchieebene angesiedelten männlichen Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin machte geltend, dass die zum Vergleich herangezogenen Kollegen nicht die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie die Mitarbeiterin verrichteten. Zudem beruhe die unterschiedliche Entgelthöhe auf Leistungsmängeln der Mitarbeiterin. Aus diesem Grund werde die Mitarbeiterin auch unterhalb des Medianentgelts der weiblichen Vergleichsgruppe vergütet.

Das Landesarbeitsgericht hatte die – auf einen Ausgleich der Entgeltdifferenz zu den benannten Vergleichspersonen gerichteten – Hauptklageanträge abgewiesen. Die Mitarbeiterin könne sich für die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung nicht auf eine einzige Vergleichsperson des anderen Geschlechts berufen. Angesichts der Größe der männlichen Vergleichsgruppe und der Medianentgelte beider vergleichbarer Geschlechtergruppen bestehe keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine geschlechtsbedingte Benachteiligung und damit kein Indiz i.S.v. § 22 Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Die Mitarbeiterin habe aber hinsichtlich einzelner Vergütungsbestandteile einen Anspruch in Höhe der Differenz zwischen dem Medianentgelt der weiblichen und dem der männlichen Vergleichsgruppe.

Auf die Revision der Mitarbeiterin und die beschränkte Anschlussrevision des Arbeitgebers hob das Bundesarbeitsgericht das Urteil des Landesarbeitsgerichts teilweise auf und verwies die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück. Über die auf einen Paarvergleich gestützten Hauptanträge konnte noch nicht abschließend entschieden werden.

Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts bedarf es bei einer Entgeltgleichheitsklage keiner überwiegenden Wahrscheinlichkeit für eine geschlechtsbedingte Benachteiligung. Ein solches Erfordernis wäre mit den Vorgaben des primären Unionsrechts unvereinbar. Für die – vom Arbeitgeber zu widerlegende – Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts genügt es, wenn die klagende Arbeitnehmerin darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass ihr Arbeitgeber einem anderen Kollegen, der gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, ein höheres Entgelt zahlt.

Die Größe der männlichen Vergleichsgruppe und die Höhe der Medianentgelte beider Geschlechtsgruppen ist für das Eingreifen der Vermutungswirkung ohne Bedeutung. Die Mitarbeiterin hatte – unter Verweis auf die Angaben im Dashboard – in Bezug auf eine Vergleichsperson hinreichende Tatsachen vorgetragen, die eine geschlechtsbedingte Entgeltbenachteiligung vermuten lassen.

Das Landesarbeitsgericht wird im fortgesetzten Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob der Arbeitgeber diese Vermutung (ungeachtet der Intransparenz ihres Entgeltsystems) widerlegt hat. Beiden Parteien ist Gelegenheit zur Ergänzung ihres Sachvortrags zu geben.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.10.2025
Aktenzeichen: 8 AZR 300/24