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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Unwirksame Klausel zur Rückforderung von Fort- und Ausbildungskosten

Unwirksame Klausel zur Rückforderung von Fort- und Ausbildungskosten

Löst eine Vertragsklausel die Rückzahlung von Fortbildungskosten aus, wenn das Arbeitsverhältnis „auf Wunsch“ des Arbeitnehmers beendet wird, meint dies die unterschiedslose Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung des Arbeitnehmers. Mit diesem Inhalt ist die Klausel unangemessen benachteiligend i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Ein Mitarbeiter war ab Oktober 2020 als „Mitarbeiter im Ärztlichen Dienst (Physician Assistant)“ bei einer Arbeitgeberin tätig. Die Arbeitgeberin betreibt Krankenhäuser sowie ein Pflegezentrum. Die aus dem internationalen Sprachgebrauch entlehnte Berufsbezeichnung „Physician Assistant“ beschreibt einen qualifizierten Gesundheitsberuf, der nach einem mit einem Bachelorabschluss endenden Hochschulstudium ausgeübt werden kann. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Mitarbeiters vom 16.11.2023 mit Ablauf des 31.12.2023. Als Kündigungsgrund hatte er Überlastung angegeben.

Durch eine in Form von AGB abgeschlossene Weiterbildungsvereinbarung hatten der Mitarbeiter und die Arbeitgeberin zuvor zusätzlich zum Dienstvertrag geregelt, dass der Mitarbeiter vom 01.10.2020 bis 30.09.2023 an einem berufsbegleitenden Studium „Bachelor Physician Assistance“ teilnehmen sollte. Dieses Studium schloss der Mitarbeiter erfolgreich ab. In der Vereinbarung war unter § 4 eine Bindungsfrist sowie eine Rückzahlungspflicht geregelt. Danach verpflichte sich der Mitarbeiter, die vom Dienstgeber tatsächlich übernommenen Kosten an diesen zurückzuzahlen, wenn das Dienstverhältnis auf Wunsch des Mitarbeiters oder aus einem von ihm zu vertretenden Grund innerhalb von 36 Monaten nach Beendigung der Weiterbildung beendet wird.

Die Arbeitgeberin verlangte angesichts der Kündigung durch den Mitarbeiter zu Beginn der dreijährigen Bindungsfrist aus § 4 Abs. 1 der Weiterbildungsvereinbarung Rückzahlung der von ihr übernommenen Fortbildungskosten in Höhe von 29.124 EUR. Der Mitareiter weigerte sich. Er war der Ansicht, die Rückzahlungsklausel differenziere nicht ausreichend nach den Beendigungstatbeständen. Sie sei daher unangemessen benachteiligend. Der Arbeitgeberin sei es nicht möglich, einen Rückforderungsanspruch auf § 10a AVR-Caritas zu stützen. Die Weiterbildungsvereinbarung regele die Rückzahlungsverpflichtung eigenständig und abschließend.

Das Arbeitsgericht hatte der Klage teilweise stattgegeben und den Mitarbeiter verurteilt, an die Arbeitgeberin 17.334 EUR zu zahlen. Auf die Berufung des Mitarbeiters hat das Landesarbeitsgericht das Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Allerdings wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Die Arbeitgeberin hatte keinen Anspruch gegen den Mitarbeiter auf Rückzahlung gemäß § 4 Abs. 1 der Weiterbildungsvereinbarung.

Löst eine Klausel die Rückzahlung von Fortbildungskosten aus, wenn das Arbeitsverhältnis „auf Wunsch“ des Arbeitnehmers beendet wird, meint dies die unterschiedslose Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung des Arbeitnehmers. Mit diesem Inhalt ist die Klausel unangemessen benachteiligend i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Angesichts des abstrakt-generellen Prüfungsmaßstabs, der anzulegen ist, ist es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel unerheblich, ob der Arbeitnehmer im Entscheidungsfall durch personenbedingte Gründe oder aus solchen zur Eigenkündigung veranlasst wurde, die die Arbeitgeberin zu vertreten hat. So missbilligen die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Fall (Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 01.03.2022, Az. 9 AZR 260/21 und vom 11.12.2018, Az. 9 AZR 383/18).

Gemäß § 306 Abs. 1 BGB führt die Unwirksamkeit der Regelung zum ersatzlosen Wegfall dieser Klausel. Die Weiterbildungsvereinbarung bleibt im Übrigen unberührt und gibt dem beklagten Arbeitnehmer die Rechtsgrundlage für die arbeitgeberseitig erfolgte Finanzierung seines Studiums und der Zahlung einer Vergütung während der Praktika. Grundsätze des Vertrauensschutzes stehen dem nicht entgegen. So stellt es keine unzumutbare Härte i.S.d. § 306 Abs. 3 BGB für die klagende Arbeitgeberin dar, bleibt sie an die Fortbildungsvereinbarung im Übrigen gebunden. In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist bekannt, dass eine Rückzahlungsklausel eine Differenzierung auch dahingehend unternehmen muss, den Arbeitnehmer von der Rückzahlungsverpflichtung auszunehmen, sofern er das Arbeitsverhältnis kündigt, weil er unverschuldet nicht mehr in der Lage ist, seiner Tätigkeit nachzukommen.

Die Arbeitgeberin konnte ihren Zahlungsanspruch auch nicht auf § 10a Abs. 2 S. 1 AVR-Caritas stützen. Finden die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“ – AVR-Caritas – Anwendung, kann eine Rückforderung von Fortbildungskosten nicht „ersatzweise“ auf § 10a Abs. 2 AVR-Caritas gestützt werden, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Gewährung einer Fortbildung und die Rückforderung deren Kosten auf von § 10a AVR-Caritas abweichende allgemeine Geschäftsbedingungen gestützt haben. Allerdings ist das Verhältnis von arbeitsvertraglich vereinbarten AGB, die einer uneingeschränkten Inhalts- und Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB unterliegen, zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes, deren Kontrolle auf eine Vereinbarkeit mit der Verfassung, anderem höherrangigen zwingendes Recht oder die guten Sitten beschränkt ist, ist von grundsätzlicher Bedeutung, weshalb die Revision zugelassen wurde.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 13.06.2025

Aktenzeichen: 1 SLa 21/25