Voraussetzungen eines Betriebsübergangs
Am 12.05.2025 zeigte die Arbeitgeberin die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht an. Infolgedessen konnte den freigestellten Mitarbeitern keine Gehälter ausbezahlt werden. Die Gesellschaft und der Betriebsrat unterzeichneten am 23./26.05.2025 ein als „Interessenausgleich“ bezeichnetes Dokument, in dem die Stilllegung beschlossen wurde. Darin enthalten war die Aufstellung der von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter (keine Namensliste i.S.v. § 125 Abs. 1 InsO, § 1 Abs. 5 KSchG). In dieser Anlage waren alle noch verbliebenen Mitarbeiter der Arbeitgeberin aufgeführt. Neben der Mitarbeiterin waren das weitere 63 Personen.
Mit Schreiben vom 28.05.2025 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit der Mitarbeiterin ordentlich zum 31.08.2025. Die Mitarbeiterin war der Ansicht, dass die Kündigung nicht durch betriebsbedingte Gründe sozial gerechtfertigt sei. Die Arbeitgeberin führe den Betrieb fort. Hierfür spreche u.a., dass sie eine neue Adresse habe. Außerdem habe der Geschäftsführer der Arbeitgeberin in einem Zeitungsartikel erklärt, dass die Marke an einem anderen Standort weitergeführt werde. Für einen Betriebsübergang spreche zudem, dass Produktionsmaterial und Ausstellungsware abgeholt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die Kündigung war nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam, sondern wegen betriebsbedingter Gründe sozial gerechtfertigt.
Die Arbeitgeberin hatte vor Ausspruch der Kündigung eine entsprechende unternehmerische Entscheidung getroffen. Hierfür sprach zum einem der vorgelegte Interessenausgleich vom 23./26.05.2025, der sowohl von der Geschäftsführung als auch von der Mitarbeiterin als Betriebsratsvorsitzender unterzeichnet worden war und in dem festgehalten war, dass der Betrieb der Gesellschaft mit sofortiger Wirkung bzw. spätestens mit der unmittelbar bevorstehenden (vermieterseitig veranlassten) Aufgabe des Betriebsgrundstücks durch die Gesellschaft stillgelegt und nur noch eine Abwicklung des Unternehmens gewährleistete. Das Grundstück war bereits geräumt. Diesem Vortrag war die Mitarbeiterin nicht substantiiert entgegengetreten, sodass er gemäß § 138 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) als zugestanden galt.
Entgegen der Auffassung der Mitarbeiterin wurde der Betrieb nicht anderweitig weitergeführt. Es lag kein Betriebsübergang vor. Ein solcher liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.03.2024, Az. 2 AZR 79/23). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören u.a. die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel, wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs und die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.01.2015, Az. 8 AZR 139/14).
Infolgedessen lag hier kein Betriebsübergang vor. Die Mitarbeiterin hatte nicht vorgetragen, dass Produktionsmitarbeiter noch wesentliche Vermögensgüter der Arbeitgeberin übergangen waren. Die bloße Mitnahme von einzelnen Gegenständen wie Dekorationsartikeln, Verpackungsmaterial oder Büromöbeln, stellen für einen Betrieb, der Küchen produziert, keine wesentlichen Vermögensgüter dar. Auch aus der Tatsache, dass die „Körperschaft“ der Arbeitgeberin bestehen blieb und die Marke „D“ künftig in C in Lizenz mitproduziert wird, führte zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.
Die bloße Verwertung der „Marke“ stellt keinen Betriebsübergang dar. Soweit die Mitarbeiterin argumentiert hatte, dass aus der Adressänderung der Arbeitgeberin ein Betriebsübergang geschlossen werden könnte, so konnte dem nicht gefolgt werden. Die Arbeitgeberin hatte dargelegt, dass sie die Betriebsräume verlassen musste, weil der Mietvertrag nicht verlängert worden war. Aus diesem Grund bedurfte es einer ladungsfähigen Anschrift. Ein Betriebsübergang ergab sich daraus jedoch nicht.