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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Wann ist ein Beschäftigter leitender Angestellter?

Wann ist ein Beschäftigter leitender Angestellter?

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist.

Eine Arbeitgeber stritt mit seinem Betriebsrat darüber, ob der Direktor für Marketing, Akquise, Projektmanagement und Pressesprecher des Arbeitgebers leitender Angestellter ist und ob der Arbeitgeber wegen unterlassener Einholung der Zustimmung des Betriebsrats verpflichtet ist, die Versetzung des Beschäftigten A. auf die Position Direktor für Marketing, Akquise, Projektmanagement aufzuheben. Zuvor hatte der Arbeitgeber erfolglos die Stellen „Leitung Marketing“ und „künstl. Manager:in“ ausgeschrieben.

Der Arbeitgeber trug vor, die Stelle des Direktors sei als Stelle eines leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG konzipiert und ausgestaltet. Dementsprechend sei der Betriebsrat auch nur informiert und nicht um Zustimmung gebeten worden. Die ursprünglich ausgeschriebenen Stellen hätten nichts mehr mit der nunmehr vom Beschäftigten übernommenen Funktion zu tun. Es handele sich um eine gänzlich andere Stelle, mit weitaus mehr Verantwortung und größerer Aufgabenübertragung, orientiert und ausgerichtet an den persönlichen Stärken des Beschäftigten. Der Betriebsrat war der Ansicht, bei der Position des Direktors für Marketing, Akquise, Projektmanagement handele es sich nicht um eine Stelle nach § 5 Abs. 3 BetrVG.

Das Arbeitsgericht hat dem Arbeitgeber aufgegeben, die Versetzung des Beschäftigten A. auf die Position „Direktor für Marketing, Akquise, Projektmanagement“ aufzuheben.

Der Anspruch des Betriebsrats folgte aus § 101 Satz 1 BetrVG. Die Versetzung des Beschäftigten A. unterlag der Zustimmungspflicht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG, weil der Beschäftigte in der neuen Position kein leitender Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG war. Zu der Versetzung des Beschäftigten bedurfte der Arbeitgeber, der mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt, der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Diese lag allerdings nicht vor.

Die streitige Personalmaßnahme stellte sich als Versetzung und nicht als Einstellung dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Einstellung i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gegeben, wenn eine Person in den Betrieb eingegliedert wird, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber mithilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebs verfolgt (z.B. Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.06.2022, Az. 1 ABR 13/21). Eine Versetzung liegt nach der Legaldefinition des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die entweder die Dauer von einem Monat voraussichtlich überschreitet oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit geleistet werden muss. In Abgrenzung zur Einstellung ist für die Versetzung kennzeichnend, dass der Beschäftigte bereits vor der personellen Maßnahme in den Betrieb eingegliedert war.

Danach war die hier vorliegende personelle Maßnahme als Versetzung anzusehen. Der Beschäftigte A. war bereits zuvor als Orchestermusiker in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert. Die Maßnahme erschöpft sich deshalb in der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs für die restliche Spielzeit 2024/25, die ab der Zuweisung mehr als einen Monat andauerte. Auch wenn der Beschäftigte bereits zuvor die Funktion eines Pressesprechers innehatte, war die personelle Maßnahme auch mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden, da die musikalischen Tätigkeiten des Beschäftigten entfielen und er stattdessen mit kaufmännischen Aufgaben betraut wurde.

Auf der Position „Direktor Marketing, Akquise, Projektmanagement“ und Pressesprecher hat der Beschäftigte A. nicht den Status eines leitenden Angestellten i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG erworben. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Unstreitig wurde dem Beschäftigten eine entsprechende Personalkompetenz nicht zugewiesen, auch nicht für die Beschäftigten der Abteilung Marketing.

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist. Auch eine solche Vollmacht ist dem Beschäftigten A. unstreitig nicht erteilt worden. Entgegen der Ansicht des Arbeitgebers war der Beschäftigte auch nicht leitender Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Insofern fehlte es hier an der Wahrnehmung typisch unternehmerischer (Teil-)Aufgaben. In Ermangelung eines konkreten Entscheidungsspielraums war nicht zu erkennen, dass für die Ausfüllung dieses Spielraums besondere Erfahrungen und Kenntnisse des Beschäftigten erforderlich waren.

Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 09.04.2025

Aktenzeichen: 5 BV 15/24