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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Weniger Wahlbewerber als Betriebsratssitze bei Betriebsratswahl – Keine Nachfrist für Wahlvorschläge

Weniger Wahlbewerber als Betriebsratssitze bei Betriebsratswahl – Keine Nachfrist für Wahlvorschläge

Der in § 9 der Wahlordnung (WO) geregelte Fall, dass nach Ablauf der Einreichungsfrist keine gültige Vorschlagsliste eingereicht wurde, ist mit dem Fall, dass innerhalb der Einreichungsfrist nur eine Vorschlagsliste mit einer unzureichenden Anzahl von Bewerbern eingereicht wurde, nicht vergleichbar. Für die Annahme, eine Pflicht des Wahlvorstands zur Nachfristsetzung bestünde immer dann, wenn Vorschlagslisten mit insgesamt weniger Bewerbern als den zu vergebenen Betriebsratssitzen eingereicht worden sind, fehlt es an einem normativen Anknüpfungspunkt.

Die beiden Arbeitgeberinnen sind Träger eines Gemeinschaftsbetriebs, in dem zum maßgeblichen Zeitpunkt 367 Arbeitnehmer beschäftigt waren. Da die Gesamtzahl der Mitglieder des im Gemeinschaftsbetrieb gebildeten Betriebsrats unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken war, bestellte dieser außerhalb des Zeitraums der regelmäßigen Betriebsratswahlen einen Wahlvorstand zur Einleitung und Durchführung einer Betriebsratswahl.

Am 08.12.2022 wurde das Wahlausschreiben durch Aushang bekannt gegeben. Danach sei ein Betriebsrat mit neun Mitgliedern zu wählen. Bis zum Ablauf der Frist am 22.12.2022 war beim Wahlvorstand allerdings nur ein Wahlvorschlag eingereicht worden, auf dem auch nur sechs Wahlbewerber aufgeführt waren. Der Wahlvorstand beschloss daraufhin, eine Nachfrist zur Einreichung von Wahlvorschlägen zu setzen, und gab dies am 23.12.2022 durch Aushang bekannt. Aber auch bis zum Ablauf der Frist am 29.12.2022 wurde kein weiterer Wahlbewerber vorgeschlagen.

Die Wahl, aus der der Betriebsrat schließlich hervorging, wurde am 15.02.2023 durchgeführt. Am selben Tag gab der Wahlvorstand das vorläufige Ergebnis und am 23.02.2023 das endgültige Ergebnis der Wahl bekannt. Danach erhielten alle sechs Bewerber Stimmen. Diese Wahl haben die Arbeitgeberinnen angefochten. Sie waren der Ansicht, das Wahlverfahren sei mit zahlreichen Mängeln behaftet, so habe etwa der Wahlvorstand eine zu kurze Nachfrist zur Einreichung von Wahlvorschlägen gesetzt.

Das Arbeitsgericht hat die Wahl für unwirksam erklärt. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung bestätigt. Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betriebsrates hat das Bundesarbeitsgericht den Beschluss aufgehoben und die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Wahl des Betriebsrats nicht für unwirksam erklären. Es hat zu Unrecht die materiellen Voraussetzungen der Anfechtung angenommen, weil der Wahlvorstand eine zu kurze Nachfrist zur Benennung weiterer Wahlbewerber bis zum Ablauf des 29.12.2022 gesetzt hatte.

Der Wahlvorstand war nicht verpflichtet, eine Nachfrist für die Einreichung von Wahlvorschlägen in entsprechender Anwendung von § 9 Abs. 1 WO zu setzen. Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass ein Gericht seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt (vgl. Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 24.04.2024, Az. 7 ABR 26/23). Der in § 9 WO geregelte Fall, dass nach Ablauf der Einreichungsfrist keine gültige Vorschlagsliste eingereicht wurde, ist mit dem Fall, dass innerhalb der Einreichungsfrist nur eine Vorschlagsliste mit einer unzureichenden Anzahl von Bewerbern eingereicht wurde, nicht vergleichbar (vgl. auch Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.07.2014, Az. 6 TaBV 24/14). Für die Annahme, eine Pflicht des Wahlvorstands zur Nachfristsetzung bestünde immer dann, wenn Vorschlagslisten mit insgesamt weniger Bewerbern als den zu vergebenen Betriebsratssitzen eingereicht worden sind, fehlt es an einem normativen Anknüpfungspunkt.

Zwar war in der Nachfristsetzung durch den Wahlvorstand ein Verstoß gegen das Wahlverfahren zu sehen. Im vorliegenden Fall hatte der Verstoß jedoch das Wahlergebnis nicht geändert. Innerhalb der verlängerten Frist wurden keine neuen Vorschläge eingereicht. Bei der Wahl standen nur die Bewerber zur Wahl, die auf dem fristgerecht bis zum 22.12.2022 eingereichten Wahlvorschlag genannt waren. Da das Bundesarbeitsgericht in Ermangelung entsprechender Feststellungen nicht beurteilen konnte, ob weitere von den Arbeitgeberinnen geltend gemachten Verstöße gegen Vorschriften über das Wahlverfahren vorliegen, war die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 22.05.2025

Aktenzeichen: 7 ABR 10/24