Inlandsbezug des Betriebsbegriffs im Kündigungsschutzgesetz
Am 01.12.2020 vereinbarten die vorarbeitgebende Gesellschaft, der Mitarbeiter und die nunmehrige Arbeitgeberin einen „Dreiseitigen Vertrag“, in dem der Wechsel des Mitarbeiters von der bisherigen Arbeitgeberin zu der neuen Arbeitgeberin zum 01.12.2020 geregelt wurde. Der Mitarbeiter war zuletzt im technischen Vertrieb der Arbeitgeberin in Gestalt von Kunden- und Herstellerkontakten befasst; er präsentierte hierbei die von der Arbeitgeberin lieferbaren Grundprodukte. Bereits seit Einbeziehung der spanischen Unternehmenssparte war es zu gemeinsamen Kundenbesuchen mit spanischen Kollegen gekommen. Zwei bis dreimal jährlich wurde der Mitarbeiter auch wochenweise im spanischen Labor eingesetzt. Sein technischer Schriftverkehr und das Berichtswesen gegenüber Vorgesetzten wie Leitung geschahen nach Spanien; hierhin waren auch die Urlaube und Krankheiten zu kommunizieren. Der Mitarbeiter verdiente zuletzt (einschließlich Dienstwagensachbezugs) monatlich rund 7.600 EUR brutto.
Im März 2024 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters „ordentlich fristgemäß zum nächstzulässigen Zeitpunkt“, d.h. dem 31.10.2024. Hiergegen wandte sich der Mitarbeiter mit einer Kündigungsschutzklage. Er reklamierte die Geltung des allgemeinen Kündigungsschutzes und rügte die fehlende soziale Kündigungsrechtfertigung; ferner monierte er eine nicht ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung (ohne allerdings vorzutragen, ob und dass bei der Arbeitgeberin überhaupt ein solches Gremium eingerichtet wäre).
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Berufung des Mitarbeiters beim Landesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.
Das Bundesverfassungsgesetz (BVerfG) erkennt in der Schwellenwertbestimmung einen verfassungsrechtlich nach Art. 12 Abs. 1 (i.V.m. Art. 2 Abs. 1) GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden Interessenausgleich, der dem in kleineren Beschäftigungseinheiten typischerweise erhöhten arbeitgeberseitigen Schutzbedürfnis angesichts der mit weniger Arbeitskräften und höherer personeller Anfälligkeit angestrebten Geschäftserfolge Rechnung trage sowie angesichts einer von regelmäßig geringerer Finanzausstattung und kleinerer Leistungsfähigkeit geprägten Umgebung angemessen Rechnung trägt. Individuell Kündigungsbetroffenen stünden hinsichtlich ihrer Berufsfreiheit dem Geschehen auch nicht vollkommen schutzlos gegenüber, sondern könnten sich im Rahmen der zivilrechtlichen Generalklauseln gegen sitten- oder treuwidrige Arbeitsplatzverluste durchaus erwehren.
Um im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG allerdings sachfremde Ergebnisse auszuschließen, könne bei Einheiten größerer Unternehmen indes an eine verfassungskonforme Normauslegung gedacht werden. Beispielhaft wird deshalb eine Bejahung der Schwellenwertanforderung erwogen, soweit Betriebsleitungen im Ausland ansässig seien, im Gebiet der Bundesrepublik jedoch die ausreichende Zahl Arbeitnehmender beschäftigt wird. Als wesentlicher Anknüpfungspunkt für die schwellenwerterfüllende Einheit wird insgesamt zudem ausgemacht, dass sich die Arbeitsverhältnisse der einzubeziehenden Beschäftigten alle nach deutschem Recht richteten. Den Streitfall kennzeichnet keine dieser erwogenen Ausnahmen. Der Mitarbeiter ist der einzige Inlandsbeschäftigte der Arbeitgeberin. Betriebssitz und weitere Beschäftigungen finden wesentlich nur in Spanien statt. Unter dortiger Betriebsstättenangabe wurde dem Mitarbeiter eben zuletzt die formulargemäße Arbeitsbescheinigung nach § 312 Sozialgesetzbuch (SGB) III erteilt – wie zuvor bereits auch die monatlichen Entgeltabrechnungen erteilt waren.