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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Befristung des Arbeitsvertrags zwecks Krankheitsvertretung

Befristung des Arbeitsvertrags zwecks Krankheitsvertretung

Der Befristungssachgrund der Krankheitsvertretung ist gegeben, wenn der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages davon ausgehen durfte, dass der vertretene Mitarbeiter an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird. Nur dann, wenn er weiß, dass der Vertretene nicht auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird oder aufgrund besonderer Umstände daran erhebliche Zweifel hat, kann die Befristung des Arbeitsvertrages sachlich nicht gerechtfertigt sein.

Gestritten wurde über die Rechtswirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages und damit einhergehend um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Eine MItarbeiterin wurde laut Arbeitsvertrag vom 30.06.2021 „nach § 14 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) … als Vertretungskraft für die im Krankenstand befindliche Beschäftigte Frau J..“ ab 01.08.2021 eingestellt.

Im Oktober teilte die Arbeitgeberin der Mitarbeiterin mit, dass die von ihr vertretene Beschäftigte, Frau J., am 25.10.2021 die Arbeit wieder aufnehmen und die auflösende Bedingung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses damit eintreten werde. Der Mitarbeiterin wurde mitgeteilt, dass ihr Arbeitsverhältnis zwei Wochen nach Zugang des Schreibens (zum 06.11.2021) enden würde.

Die vertretene Frau J nahm ab dem 25.10.2021 Urlaub und beendete ihr Arbeitsverhältnis zum 30.11.2021. Sie kehrte also nur rechtlich und nicht praktisch auf ihren Arbeitsplatz zurück. Die Mitarbeiterin vermutet dahinter ein kollusives Zusammenwirken der Arbeitgeberin und der Angestellten Frau J, welche nur formal auf den Arbeitsplatz zurückgekehrt sei.

Die Mitarbeiterin hielt die Befristung ihres Arbeitsvertrages für unwirksam. Sie meint, die Arbeitgeberin sei in Wirklichkeit bereits bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages davon ausgegangen, dass die – bereits längere Zeit an Krebs erkrankte – Frau J. nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde. Dies stünde dem vereinbarten Befristungsgrund per se entgegen und führe gem. § 16 TzBfG zum Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Bereits in einem Telefonat zur Einladung zum Vorstellungsgespräch sei ihr mitgeteilt worden, dass die zu vertretende Kollegin J. an einer Krebserkrankung leide und vermutlich ihre Tätigkeit nicht mehr aufnehmen werde.

Das Arbeitsgericht wies die Klage auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses über den 06.11.2021 hinaus ab.

Das Arbeitsverhältnis hatte gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG  und der Zweckbefristung wegen Wegfalls des Sachgrundes nach schriftlicher Unterrichtung der Mitarbeiterin am 06.11.2021 geendet.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in mehreren Fällen entschieden, dass die „Arbeitsunfähigkeits-Vertretung“ rechtlich möglich ist und eine solche nur in „Extrem-Fällen“ rechtsunwirksam sein kann. Bezug genommen wird dabei insbesondere auf die Urteile des BAG vom 21.02.2001 (Az. 7 AZR 200/00) und vom 23.01.2002 (Az. 440/00). Demnach ist die Einstellung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines zeitweilig ausfallenden Arbeitnehmers ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages mit der Vertretungskraft. Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, kann der Arbeitgeber in Fällen der Krankheitsvertretung davon ausgehen, dass die zu vertretende Stammkraft zurückkehren wird. Nur dann, wenn er weiß, dass der Vertretene nicht auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird oder aufgrund besonderer Umstände daran erhebliche Zweifel hat, kann die Befristung des Arbeitsvertrages sachlich nicht gerechtfertigt sein.

Das Gericht ging – entgegen der Auffassung der Mitarbeiterin – davon aus, dass bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages seitens der Arbeitgeberin keine Kenntnis dahingehend vorlag, dass die zu vertretende Mitarbeiterin Frau J. nicht an den Arbeitsplatz zurückkehren würde.

Auch der Hinweis der Mitarbeiterin auf die vermeintliche Aussage der Mitarbeiterin der Verwaltungsgemeinschaft, Frau B., ändert daran nichts. Einerseits hatte die Arbeitgeberin zu Recht darauf hingewiesen, dass Frau B. keine Beschäftigte der Arbeitgeberin ist, sondern der Verwaltungsgemeinschaft. Auch wenn Frau B. nach den unbestrittenen Angaben der Mitarbeiterin die Einstellungsphase für die Arbeitgeberin geleitet hat, ist davon auszugehen, dass Frau B. keine rechtsverbindlichen Aussagen für die Arbeitgeberin geben konnte. Darüber hinaus konnten eine positiven Kenntnis oder erhebliche Zweifel der Verantwortlichen der Arbeitgeberin im Hinblick auf die Rückkehr der Mitarbeiterin Frau J. nicht festgestellt werden. Die Mitarbeiterin selbst hatte vorgetragen, dass Frau B. in dem betreffenden Telefonat lediglich mitgeteilt hatte, dass Frau J. ihre Tätigkeit vermutlich nicht mehr aufnehmen würde und es deshalb letztendlich zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin kommen würde. Dies ist mit einer positiven Kenntnis oder mit einer hohen Wahrscheinlichkeit der nicht erfolgenden Rückkehr der Mitarbeiterin nicht gleichzusetzen.

Da dementsprechend die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtmäßig war, konnte die Rechtsfolge von § 16 TzBfG im Hinblick auf den Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses wegen unwirksamer Befristung nicht eintreten.

Der Sachgrund der ursprünglichen Befristung des Arbeitsvertrages war auch trotz der Geschehnisse im Oktober und November 2021 weiterhin bestandskräftig. Die Mitarbeiterin vermutete ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Arbeitgeberin und Frau J. im Hinblick auf die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit, Rückkehr von Frau J. ins Arbeitsverhältnis, Inanspruchnahme des Resturlaubes und Eigenkündigung von Frau J. Selbst wenn die Arbeitgeberin auf Frau J. in Bezug auf diese Tatsachenfeststellungen eingewirkt haben sollte, änderte dies am Wegfall des Sachgrundes originär nichts.

Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 17.05.2022

Aktenzeichen: 6 Ca 1834/21