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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Zustimmung des Betriebsrates zur fristlosen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs

Zustimmung des Betriebsrates zur fristlosen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs

Auch wenn der Arbeitnehmer gegen die arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Führung eines korrekten Arbeitszeitnachweises verstoßen hat, ist diese Pflichtverletzung ihrem Gewicht nach nicht geeignet eine außerordentliche Kündigung zu begründen, wenn sie nicht mit dem Willen geschehen ist, den Arbeitgeber über die geleistete bzw. nicht geleistete Arbeitszeit zu täuschen.

Eine seit 1999 bei einem Reinigungsunternehmen beschäftigte Reinigungskraft war Vorsitzende des aus drei Mitgliedern bestehenden Betriebsrats. Die monatlichen Arbeitszeitnachweise werden den Mitarbeitern entsprechend der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit für die Arbeitstage Montag bis Freitag vorausgefüllt regelmäßig zum Monatsbeginn zur Verfügung gestellt. Änderungen und Abweichungen haben die Mitarbeiter handschriftlich vorzunehmen. Zu den Arbeitszeitnachweisen wurde die Betriebsratsvorsitzende am 31.07.2020 geschult. Zum Ausgleich der Arbeit am Sonntag den 29.08.2021 beantragte die Betriebsratsvorsitzende per E-Mail vom 11.08.2021 den für den 30.08.2021 geplanten Ausgleichstag wegen eines Arzttermins am 03.09.2021 zu nehmen, was so auch gewährt wurde. Am 03.09.2021 erbrachte die Betriebsratsvorsitzende keine Arbeitsleistung. Am 02.09.2021 führte sie als Betriebsratsvorsitzende ein halbstündiges Gespräch mit einer Objektleiterin. Für den Monat September 2021 erhielt die Betriebsratsvorsitzende den vorausgefüllten Arbeitszeitnachweis erst am 09.09.2021. In diesem Plan war der 03.09.2021 als Arbeitsleistung voreingetragen. Die Betriebsratsvorsitzende unterließ es, in den Spalten Abweichung eine Korrektur dahingehend einzutragen, dass an diesem Tag keine Arbeitsleistung aufgrund des verschobenen Ausgleichstages erbracht wurde. Anstatt die am 02.09.2021 erbrachte Tätigkeit für den Betriebsrat von einer halben Stunde an diesem Tag zu vermerken, trug die Betriebsratsvorsitzende sie für den 03.09.2021 ein. Am 07.10.2021 wurde die Betriebsratsvorsitzende unter Beteiligung eines weiteren Betriebsratsmitgliedes wegen der Unstimmigkeit angehört. Mit Schreiben vom 12.10.2021 ersuchte die Arbeitgeberin den Betriebsrat, der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Betriebsratsvorsitzenden zuzustimmen. Der Betriebsrat teilte am 14.10.2021 mit, der Kündigung nicht zuzustimmen, weshalb die Arbeitgeberin am 18.12.2021 das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beim Arbeitsgericht einleitete.

Das Arbeitsgericht wies den Antrag, die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung zu ersetzen, ab. Ein wichtiger Grund, der die außerordentliche Kündigung der Betriebsratsvorsitzenden rechtfertigen könnte, lag nicht vor. Zwar hatte die Betriebsratsvorsitzende gegen ihre arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Führung eines korrekten Arbeitszeitnachweises verstoßen. Diese Pflichtverletzung war jedoch im vorliegenden Fall ihrem Gewicht nach nicht geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen. Schließlich war die Pflichtverletzung nicht mit dem Willen geschehen, die Arbeitgeberin über die geleistete bzw. nicht geleistete Arbeitszeit zu täuschen. Insbesondere war zu berücksichtigen, dass bereits seitens der Arbeitgeberin in dem von ihr erst am 09.09.2021 der Mitarbeiterin ausgehändigten Arbeitszeitnachweis für den 03.09.2021 eine Arbeitsleistung voreingetragen war, obwohl die Arbeitgeberin wusste, dass der ursprünglich für den 30.08.2021 vorgesehene Ausgleichstag am 03.09.2021 gewährt worden war. Dies leistete einem entstehenden Irrtum bei den Eintragungen im Arbeitszeitnachweis Vorschub. Gegen ein vorsätzliches Unterlassen der Korrektur mit Täuschungsabsicht sprach zudem, dass die Betriebsratsvorsitzende für den 03.09.2021 eine Korrektur insoweit vorgenommen hatte, als sie für diesen Tag die am 02.09.2021 geleistete halbstündige Betriebsratstätigkeit eingetragen hatte. Dies lässt deutlich erkennen, dass sie aufgrund der verspäteten Übergabe des Arbeitszeitnachweises die Zeiten nicht zeitnah, sondern erst sechs Tage später nachträglich prüfen und korrigieren konnte und deshalb schlicht einem Irrtum unterlag.

Beschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 08.03.2022

Aktenzeichen: 3 BV 7/21