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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Zustimmungsverweigerung des Personalrates zu Probezeitkündigung

Zustimmungsverweigerung des Personalrates zu Probezeitkündigung

Die Verweigerung der Zustimmung des Personalrates zu einer Kündigung in der Probezeit ist unbeachtlich, wenn die Zustimmung mit einer Begründung verweigert wird, die inhaltlich außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes liegt. Die Mitbestimmtheit beschränkt sich dabei auf solche Gründe, die im Rahmen der Probezeitkündigung eine Rolle spielen.

Eine Mitarbeiterin war im öffentlichen Dienst des Landes Thüringen, konkret bei der Hochschulbibliothek der Fachhochschule Erfurt, beschäftigt und erhielt noch in der Probezeit die Kündigung. Sie klagte gegen ihre Kündigung und meinte, die Kündigung sei unwirksam, da der Personalrat zu Recht die Zustimmung zu der Kündigung gemäß § 78 des Thüringer Personalvertretungsgesetzes (ThürPersVG) verweigert hätte. Außerdem hätte die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz erörtert werden müssen. Die Arbeitgeberin meinte demgegenüber, die Zustimmungsverweigerung der Personalrats sei unbeachtlich gewesen, so dass die Kündigung wirksam ausgesprochen worden sei. Der Personalrat hatte die Zustimmung zu der Probezeitkündigung „nach § 78 Abs. 1 Nr. 3 und 4 ThürPersVG“ verweigert und damit eingewendet, dass die Mitarbeiterin (ggf. nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen) an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort hätte weiter beschäftigt werden können. Der Personalrat hatte sich in dem Zustimmungsverweigerungsschreiben außerdem zutiefst erstaunt darüber gezeigt, dass die Arbeitsweise und die Arbeitsergebnisse der Mitarbeiterin trotz guter Arbeitszeugnisse und vorhandener Vorerfahrungen nicht den Erwartungen der Arbeitgeberin entsprochen hätten. Der Personalrat meinte, dass die Mitarbeiterin wohl einfach „unbequem“ gewesen sei.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben der Arbeitgeberin Recht und erklärten die Kündigung für wirksam.

Die Kündigung war wirksam, da die Zustimmungsverweigerung des Personalrates unbeachtlich war. Nach der in § 69a Abs. 2 Satz 9 ThürPersVG geregelten Zustimmungsfiktion gilt eine beantragte Kündigung als gebilligt, wenn die Personalvertretung die Zustimmung nicht innerhalb der Fristen des § 69 Abs. 2 Satz 6 oder Satz 8 ThürPersVG unter Angabe von Gründen ausdrücklich und schriftlich verweigert. Eine ausdrückliche Zustimmungsverweigerung des Personalrats ohne Angabe von Gründen ist unbeachtlich. Die Rechtsprechung stellt an die begründete Zustimmungsverweigerung keine hohen inhaltlichen Anforderungen; die Begründung des Personalrats muss es aber zumindest als möglich erscheinen lassen, dass ein Mitbestimmungstatbestand gegeben ist. Gründe, die ganz offensichtlich außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes liegen, sind unbeachtlich. So lag der Fall hier. Die Verweigerung der Zustimmung erfolgte fristgemäß schriftlich und wurde vom Personalrat begründet. Allerdings war die Zustimmungsverweigerung trotzdem unbeachtlich, da lediglich Gründe außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes benannt worden waren. Ob die vom Personalrat angeführten Gründe für die Nichtzustimmung „nicht rechtserheblich“ waren und die Kündigung deshalb als gem. § 69a Abs. 2 Satz 9 ThürPersVG durch den Personalrat „gebilligt … gilt“ oder ob, wie die Mitarbeiterin meinte, das Stufenverfahren nach § 69a ThürPersVG hätte eingeleitet werden müssen, hängt davon ab, wie sich die Mitbestimmtheit der Probezeitkündigung auswirkt.

Der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) folgend bedeutet Mitbestimmung bei allen ordentlichen Kündigungen nicht zugleich, dass den Arbeitnehmern, die noch keinen Kündigungsschutz i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes haben, dieser ihnen indirekt über die Mitbestimmtheit der ordentlichen Kündigung zuwächst. Vielmehr bleibt es dabei, dass sich die Mitbestimmtheit nur auf solche Gründe beschränkt, die im Rahmen der Probezeitkündigung eine Rolle spielen. So führte das BAG im Urteil vom 27.10.2005 (Az. 6 AZR 27/05)  aus: „Auf die Mitbestimmtheit der Probezeitkündigung übertragen bedeutet dies, dass nur solche Einwendungen beachtlich sind, die die Unwirksamkeit der Probezeitkündigung immerhin als möglich erscheinen lassen („Möglichkeitstheorie“)“. Der Personalrat hatte hier erklärt, dass nach § 78 Abs. 1 Nr. 3 und 4 ThürPersVG der Kündigung nicht zugestimmt wird. Diese Einwendungen sind auch in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2b und in Abs. 2 Satz 3 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) angeführt. Sie gehören somit in den Bereich des Kündigungsschutzgesetzes. Im Rahmen der Probezeit können sie keine Rolle spielen. Auch die angesprochene Möglichkeit der Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz betrifft das Argument der Ultima Ratio im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes und ist deshalb, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausführte, unbeachtlich.

Soweit der Personalrat den Werdegang der Klägerin beschrieben und dargelegt hatte, dass ihn zutiefst erstaune, dass die Arbeitsweise und die Arbeitsergebnisse der Mitarbeiterin bei diesen Arbeitszeugnissen und den vorhandenen Vorerfahrungen nicht den Erwartungen der Arbeitgeberin entspreche, hegte er Zweifel an der Eignungsprognose der Arbeitgeberin. Die Entscheidung darüber, ob sich ein Angestellter in der Probezeit bewährt hat, ist jedoch ausschließlich dem Arbeitgeber vorbehalten. Zweifel an der Eignungsprognose sind daher ebenfalls unbeachtlich (vgl. auch Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschließt. v. 10.01.2018, AZ. 1 Sa 447/17).

Gründe, die es als möglich erscheinen lassen, dass die Probezeitkündigung unwirksam ist, wurden vom Personalrat nicht angeführt. Weder Sonderkündigungsschutz noch Anhaltspunkte für Rechtsmissbräuchlichkeit, Willkür, Sittenwidrigkeit oder Maßreglungen waren vorgetragen worden. Diese ergeben sich auch nicht aus der Einschätzung der Mitarbeiterin durch den Personalrat als unbequeme Mitarbeiterin.

Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 08.03.2022

Aktenzeichen: 5 Sa 62/22