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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Angemessene Ausbildungsvergütung

Angemessene Ausbildungsvergütung

Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht angemessen i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG), wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20% unterschreitet.

Ein Auszubildender zum Kfz-Mechatroniker klagte gegen sein Ausbildungsunternehmen auf Zahlung einer höheren Ausbildungsvergütung. Zur Begründung führte er an, ihm stehe Vergütung in tariflich vorgesehener Höhe zu. Die im Ausbildungsvertrag ausgewiesene Ausbildungsvergütung genüge nicht den nach Vorgaben des Berufsbildungsgesetzes an eine angemessene Vergütung zu stellenden Anforderungen. Sie unterschreite 80% der tariflich vorgesehenen Vergütung. Zur Ermittlung der Vergleichsvergütung müsse die tariflich für eine regelmäßige Ausbildungszeit von 37,5 Stunden pro Woche vorgesehene Ausbildungsvergütung auf die von ihm absolvierte Ausbildungszeit von 40 Stunden pro Woche umgerechnet werden.

Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Ausbildungsunternehmens zurück. Die Revision zum Bundesarbeitsgerichts wurde nicht zugelassen.

Dem Mitarbeiter stand der Zahlungsanspruch gegen das Ausbildungsunternehmen zu. Bei der Ermittlung der angemessenen Vergütung bilden die einschlägigen Tarifverträge den wichtigsten Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung. Das Ergebnis von Tarifverhandlungen berücksichtigt hinreichend die Interessen beider Seiten. Es hat die Vermutung der Angemessenheit für sich. Eine Ausbildungsvergütung, die sich an einem entsprechenden Tarifvertrag ausrichtet, gilt deswegen stets als angemessen. Eine Ausbildungsvergütung ist demgegenüber in der Regel nicht angemessen im Sinne vom § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20% unterschreitet (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 16.05.2017, Az. 9 AZR 377/16).Unter Anwendung vorgenannter Grundsätze war die von dem Ausbildungsunternehmen an den Auszubildenden geleistete Ausbildungsvergütung als unangemessen zu bewerten. Vergleichsmaßstab bildeten vorliegend die Vergütungssätze, wie sie die Tarifverträge über Ausbildungsvergütungen, geschlossen zwischen der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. und der IG Metall Bezirksleitung Küste, vorsehen. Diese waren für das Ausbildungsverhältnis der Parteien einschlägig und als angemessen anzusehen.

Dass sich die Höhe der Ausbildungsvergütung an der wöchentlichen Berufsausbildungszeit zu orientieren hat, hat der Gesetzgeber in § 17 Abs. 5 BBiG sowie § 17 Abs. 7 BBiG herausgestellt. Gemäß § 17 Abs. 5 BBiG kann eine prozentuale Kürzung bei Verringerung der Ausbildungsvergütung entsprechend der Verkürzung der Ausbildungszeit erfolgen. Eine Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass bei Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit die Prüfung der Angemessenheit auch an einer erhöhten Vergütung zu orientieren ist. Gleiches verdeutlicht § 17 Abs. 7 BBiG der ausspricht, dass eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung besonders zu vergüten oder durch entsprechende Freizeit auszugleichen ist.

Das Ausbildungsunternehmen konnte sich nicht darauf berufen, der Auszubildende habe unter Hinweis, dass nicht die bei der Werft übliche Ausbildungsvergütung gezahlt werden könne, sein Einverständnis mit der festgelegten Vergütung erteilt. Gemäß § 17 Abs. 4 ist nämlich eine Angemessenheit der vereinbarten Vergütung in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20% unterschreitet. Entscheidend sind dafür allein die objektiven Umstände. Ein Einverständnis des Auszubildenden macht aus einer unangemessenen Ausbildungsvergütung keine angemessene Ausbildungsvergütung.

Das Ausbildungsunternehmen konnte sich auch nicht darauf zurückziehen, dass sie unwissentlich eine unangemessen hohe Vergütung vereinbart und gezahlt, sich auf Prüfungen der Handwerkskammer verlassen hat. Entscheidend für die Frage der Angemessenheit sind nämlich auch insoweit allein die objektiven Umstände. Auf eine Kenntnis oder einen darauf gerichteten Willen des Ausbildenden kommt es nicht an.

Die Unangemessenheit der zwischen dem Ausbildungsunternehmen und dem Auszubildenden vereinbarten Berufungsausbildungsvergütung bewirkte, dass diese Vereinbarung gemäß § 25 BBiG nichtig war. An die Stelle der vereinbarten trat die angemessene Vergütung. Weil die zwischen dem Ausbildungsunternehmen und dem Auszubildenden getroffene Reglung nichtig war, konnte sich das Ausbildungsunternehmen nicht mehr darauf berufen. Die Nichtigkeit bewirkte, dass in der Folge der Auszubildende Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten laufenden Ausbildungsvergütung und den tariflichen Sätzen hat

Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21.06.2022

Aktenzeichen: 2 Sa 251/21