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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Diskriminierung im Bewerbungsverfahren

Diskriminierung im Bewerbungsverfahren

Es gibt keinen Generalverdacht der Diskriminierung. Die bloße Behauptung einer Diskriminierung durch einen abgelehnten Bewerber „ins Blaue hinein“ ohne tatsächliche Anhaltspunkte genügt nicht: allein die Aussage, ein Merkmal gem. § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu erfüllen und deshalb eine ungünstigere Behandlung als eine andere Person erfahren zu haben, begründet kein Indiz für eine Diskriminierung.

Ein Diplomtheologe der katholischen Theologie, der zunächst Pastoralreferent der katholischen Kirche und anschließend Priester der altkatholischen Kirche war, bewarb sich im Juni 2021 auf eine ausgeschriebene Position als Leitung der Telefonseelsorge. In seinem Bewerbungsschreiben wies er darauf hin, dass er als schwerbehinderter Mensch anerkannt sei.

Mit E-Mail vom 13.06.2021 bestätigte die Arbeitgeberin den Eingang der Bewerbung. Mit E-Mail vom 23.06.2021 und nochmals mit E-Mail vom 30.06.2021 lud sie den Bewerber zu einem Online-Vorstellungsgespräch ein. Der Bewerber bestätigte den Termin, nahm ihn aber nicht wahr. Auf Nachfrage der Arbeitgeberin hin berief er sich auf technische Probleme; eine Entschuldigung für den Ausfall erfolgte nicht. Am Folgetag fand daraufhin ein Ersatzgespräch unter Beisein der Schwerbehindertenvertretung bei der Arbeitgeberin statt.

Mit E-Mail vom 12.08.2021 teilte die Arbeitgeberin dem Bewerber mit, die Stelle sei anderweitig besetzt worden. Daraufhin fordert der abgelehnte Bewerber gerichtlich Entschädigung i.H.v. 8.000 EUR. Er war der Ansicht, er sei nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden, dessen Verlauf auf eine Einstellung habe schließen lassen. Es sei von einer Diskriminierung wegen seiner Schwerbehinderung auszugehen, solange die Arbeitgeberin nicht ihrerseits dargelegt und nachgewiesen habe, dass sie die Vorgaben des AGG eingehalten, die am Bewerbungsverfahren beteiligten Personen nach dem AGG geschult und ein ordnungsgemäßes Beschwerdeverfahren durchgeführt habe. Diese Beweislastumkehr entspreche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Nachdem der Bewerber unentschuldigt nicht zur Güteverhandlung  erschienen war hat das Arbeitsgericht die Klage mit Versäumnisurteil abgewiesen. Hiergegen legte der Bewerber Berufung beim Landesarbeitsgericht ein.

Das Gericht gab der Arbeitgeberin Recht und bestätigte die erstinstanzliche Klageabweisung.

Der Bewerber hatte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen Diskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG. Es fehlte hier an einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Im Sinne effektiven Rechtschutzes bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG im Hinblick auf den Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Handlung und einem der in § 1 AGG genannten Merkmale zwar eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die benachteiligte Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines nach § 1 AGG sanktionierten Merkmals vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Eine Person, die sich durch eine Benachteiligung wegen ihrer Behinderung für beschwert hält, genügt ihrer Darlegungslast mithin, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sie als eine solche Person wahrgenommen und deshalb benachteiligt wurde.

Die bloße Behauptung „ins Blaue hinein“ ohne tatsächliche Anhaltspunkte genügt hingegen nicht: allein die Aussage, ein Merkmal gem. § 1 AGG zu erfüllen und deshalb eine ungünstigere Behandlung als eine andere Person erfahren zu haben, begründet kein Indiz. Hiervon ausgehend, waren Indizien, die eine Benachteiligung des Bewerbers wegen seiner Behinderung vermuten lassen, nicht ersichtlich. Es fehlte jeglicher Vortrag des Bewerbers, aus dem sich – auch in einer Gesamtschau – ergäbe, dass die Ablehnung seiner Bewerbung in Zusammenhang mit seiner Behinderung zu sehen sein könnte. Entsprechendes war hier auch anderweitig nicht ersichtlich. Letztlich indizierte auch die Art der Absage keine verbotene Diskriminierung des Bewerbers.

Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 10.10.2022

Aktenzeichen: 4 Sa 290/22