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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kein einfaches Bestreiten des behaupteten Inhalts einer Briefsendung bei nachgewiesenem Zugang

Kein einfaches Bestreiten des behaupteten Inhalts einer Briefsendung bei nachgewiesenem Zugang

Weist eine Partei den Zugang einer Briefsendung bei der Gegenpartei nach und behauptet, Inhalt sei ein bestimmtes Schreiben (hier: Geltendmachung) gewesen, reicht einfaches Bestreiten des konkreten Inhaltes nicht aus. Die Gegenpartei kann und muss erklären, welchen anderen Inhalt die Briefsendung gehabt haben soll.

Eine seit 1983 als Krankenschwester mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden tätige Mitarbeiterin verlangte von ihrer Arbeitgeberin eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2019 gemäß § 20 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Sie meinte, sie habe die Zahlung rechtzeitig innerhalb der tarifvertraglichen sechsmonatigen Ausschlussfrist (§ 37 TVöD) gegenüber der Arbeitgeberin schriftlich geltend gemacht. Es gab einen auf den 23.04.2020 datierten Einlieferungsbeleg über die Aufgabe einer Briefsendung bei der Post mit der Sendungsnummer, das an die Arbeitgeberin gerichtet war. Am 24.04.2020 nahm eine Beschäftigte der Arbeitgeberin eine Briefsendung mit der vorbezeichneten Sendungsnummer an. Die Mitarbeiterin behauptet, in dieser Briefsendung sei ein Schreiben gewesen, mit welchem sie die Arbeitgeberin aufgefordert habe, die Sonderzahlung für das Jahr 2019 mit der Mai-Abrechnung 2020 auszuzahlen. Die Arbeitgeberin bestritt dies. Die Beschäftigte der Arbeitgeberin, die die Briefsendung entgegengenommen hatte, wollte sich nicht konkret dazu äußern, welchen Inhalt der von ihr entgegengenommenen Briefumschlag gehabt hatte.

Das Gericht gab der Klage statt und verurteilte die Arbeitgeberin zur Zahlung von rund 2.000 EUR brutto als Jahressonderzahlung für das Jahr 2019 gemäß § 20 TVöD nebst Zinsen.

 Nach Überzeugung des Gerichts hatte die Mitarbeiterin ihren Anspruch rechtzeitig i.S.d. § 37 TVöD geltend gemacht. Der Anspruch war zum 30.11.2019 fällig gewesen, so dass die Frist zur Geltendmachung am 31.05.2020 abgelaufen war. Die Mitarbeiterin hatte am 23.04.2020 ein Schreiben zur Post gegeben, das der Arbeitgeberin am 24.04.2020 zugegangen war. Der Versand und der Empfang eines Schreibens der Mitarbeiterin war auch nicht streitig. Die Mitarbeiterin hatte vorgetragen, das Schreiben mit dem behaupteten Inhalt in den unstreitig abgesendeten und bei der Arbeitgeberin eingegangenen Briefumschlag getan zu haben. In dem Schreiben hatte sie die Arbeitgeberin aufgefordert, unverzüglich mit der Mai-Abrechnung die Jahressonderzahlung nachzuzahlen.

Das einfache Bestreiten der Arbeitgeberin, dass dieses Schreiben nicht Inhalt der unstreitig am 24.04.2020 bei der Arbeitgeberin eingegangenen Briefsendung gewesen sei, reichte nicht aus. Gem. § 138 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) muss sich jede Partei vollständig und vor allem wahrheitsgemäß über das Vorbringen der Gegenseite erklären. Die Gegenpartei kann und muss erklären, welchen anderen Inhalt die Briefsendung gehabt haben soll. Vorliegend hätte die Beschäftigte der Arbeitgeberin, die die Briefsendung entgegengenommen hatte, zur Kenntnis nehmen können, ob in dem von ihr entgegengenommenen Briefumschlag Inhalt war und wenn ja welcher. Hierzu wollte diese sich jedoch nicht konkret äußern. Daher bestand für das Gericht kein Anlass, an der Richtigkeit der Behauptung der Mitarbeiterin zu zweifeln.

Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 07.12.2022

Aktenzeichen: 4 Sa 123/21