Rechtsanwalt Dr. von Harbou

Vertrauen ist eine unverzichtbare Voraussetzung für eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit. Geben Sie mir die Gelegenheit, Sie von mir und meinen Fähigkeiten zu überzeugen. Gerne vereinbare ich mit Ihnen einen ersten Termin, in dem wir Ihr Anliegen besprechen und ich Sie anschließend über die rechtlichen Möglichkeiten, Erfolgsaussichten, Risiken und Kosten informiere.

Geschäftszeiten

Montag - Freitag 09:00 -18:00 Uhr
Samstag - Sonntag Geschlossen

Aktueller Rechtsblog

Top
Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Verwendung von Personalfragebögen bei der Stellenbesetzung: Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats

Verwendung von Personalfragebögen bei der Stellenbesetzung: Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats

Verwendet die Arbeitgeberin bei der Stellenbesetzung nicht mitbestimmte Personalfragebögen oder Beurteilungsgrundsätze i.S.v. § 94 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) begründet dies kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Eine Betriebsvereinbarung über ein Schichtsystem enthält nicht zugleich Regelungen über eine Mindestbesetzung der Schichten.

Bei einer Gießerei mit ca. 970 Mitarbeiter gibt es einen 15-köpfigen Betriebsrat. Die Arbeitgeberin hatte im März 2022 eine Stelle als Koordinator Elektrotechnik intern ausgeschrieben. Darauf bewarben sich vier Mitarbeiter, Herr J., Herr A. (damals Betriebsratsmitglied und inzwischen ausgeschieden), Herr Y. (Betriebsratsmitglied) und Herr G. In der Folgezeit fanden Gespräche mit den Bewerbern statt, bei denen Interviewbögen verwendet wurden. Darin waren Punkte für einzelne Kriterien hinsichtlich der einzelnen Bewerber aufgeführt, die zu einer aufgeführten Gesamtpunktzahl führten. Ebenso befanden sich in den Bögen weitere Erläuterungen zu den einzelnen Bewerbern. Eine Zustimmung des Betriebsrats zur Verwendung der Interviewbögen lag nicht vor. Nach den Gesprächen entschied sich die Arbeitgeberin für den Mitarbeiter Herrn J. Sie beantragte deshalb beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des Mitarbeiters. Sie teilte dem Betriebsrat den Ablauf des Bewerbungsverfahrens mit und fügte die ausgefüllten Interviewbögen bei. Der Betriebsrat verweigerte jedoch seine Zustimmung zu der geplanten Versetzung. Er war der Ansicht, er sei bereits nicht unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen nach § 99 Abs.1 BetrVG unterrichtet worden. Die Verwendung der Bögen in dem Bewerbungsgespräch verletze seine Mitbestimmungsrechte nach § 94 BetrVG. Außerdem verstoße die Versetzung gegen die BV 02/2003. Diese regele ein Schichtsystem mit fünf Schichten, was nicht mehr gewährleistet sei. Die Arbeitgeberin beantragte daraufhin beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung.

Das Arbeitsgericht gab dem Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin statt. Die hiergegen von dem Betriebsrat eingelegte Beschwerde wurde vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Allerdings wurde die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Mitarbeiters J. in die Position als Koordinator Elektrotechnik zu Recht ersetzt hatte. Es lag kein Zustimmungsverweigerungsgrund gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG vor. Zwar hatte sich der Betriebsrat in genügender Weise auf einen Verstoß gegen § 94 BetrVG bezogen. Ein solcher Verstoß begründet aber keinen Zustimmungsverweigerungsgrund gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Verwendet die Arbeitgeberin bei der Stellenbesetzung nicht mitbestimmte Personalfragebögen oder Beurteilungsgrundsätze i.S.v. § 94 BetrVG begründet dies kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Um einen Personalfragebogen handelt es sich auch dann, wenn Bewerber oder Arbeitnehmer standardisierte Fragen zu beantworten haben, insbesondere wenn es sich um eine schriftliche formularmäßige Zusammenfassung von Fragen über die persönliche Eignung handelt. § 94 Abs. 1 BetrVG ist zudem anwendbar, wenn die Fragen an Bewerber oder Arbeitnehmer anhand eines standardisierten Fragenkatalogs vom Arbeitgeber mündlich gestellt und die Antworten vom Fragenden schriftlich festgehalten werden. Und dies war hier der Fall.

Es lag auch kein Zustimmungsverweigerungsgrund gem. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG vor. Selbst wenn man von einer Leistungsverdichtung ausgehen wollte, wäre diese durch betriebliche Gründe gerechtfertigt. Eine Betriebsvereinbarung über ein Schichtsystem enthält nicht zugleich Regelungen über eine Mindestbesetzung der Schichten. Hierfür bedürfte es eindeutiger und klarer Regelungen in der Betriebsvereinbarung, die eine solche Mindestbesetzung vorschreiben. Daran fehlte es jedoch im vorliegenden Fall.

Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.08.2023

Aktenzeichen: 12 TaBV 46/22