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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Kündigung nach Verbrennen von Europaletten bei Osterfeuer

Kündigung nach Verbrennen von Europaletten bei Osterfeuer

Die fristlose Kündigung gegenüber einem Produktionsleiter, weil dieser den Abtransport von drei Europaletten veranlasst hatte, um diese bei einem Osterfeuer auf einem Sportplatz verbrennen zu lassen, ist unwirksam. Dafür ist der Wert der Paletten zu gering, dafür zeigt sich bei der Tat zu wenig kriminelle Energie, dafür ist die Tatbegehung zu wenig heimlich und dafür ist das Gesamtbild der Tat – Verbrennen von Verpackung beim Osterfeuer – zu banal.

Einem Mitarbeiter war von seiner Arbeitgeberin fristlos gekündigt worden. Ausgangspunkt war die Tatsache, dass der Mitarbeiter den Abtransport von drei Holzpaletten veranlasst hatte, um diese später auf dem Sportplatz eines örtlichen Fußballvereins für das dort veranstaltete Osterfeuer als Brennholz verwenden zu lassen. Der Mitarbeiter war zu diesem Zeitpunkt 42 Jahre alt, verheiratet und Vater von drei Kindern. Er war seit 2010 bei der Arbeitgeberin beschäftigt und zuletzt für monatlich 9.473 EUR brutto als Produktionsleiter eingesetzt. Die Arbeitgeberin befasst sich mit hochwertigen Kabelsystemen für die Bereiche Medizin, Industrie- und Wehrtechnik; sie beschäftigt deutlich mehr als zehn Arbeitnehmer.

Im März 2022 waren alle Beschäftigten darüber informiert worden , dass das Lager ausgemistet werde. Allerdings sollten ausschließlich Plastikboxen und Kisten frei weggegeben werden. Im Bereich Compliance gilt bei der Arbeitgeberin die Amphenol Corporation Verhaltens- und Ethikrichtlinie. Am 24.03.2022 wurde der Mitarbeiter im Rahmen eines Personalgesprächs zum Vorwurf des Diebstahls angehört. Darin äußerte der Mitarbeiter, es habe sich bei den drei Paletten um wertlosen Schrott gehandelt, der zum Verbrennen bestimmt gewesen sei. Daraufhin hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung an, die hilfsweise als ordentliche auszusprechen sei. Der Betriebsrat teilte diesbezüglich Bedenken mit und widersprach der ordentlichen Kündigung. Er war der Ansicht, es sei im Betrieb seit jeher üblich, dass Einweg-Paletten und beschädigte Paletten als Brennholz mit nach Hause genommen werden dürften. Dies sei auch vom ehemaligen Geschäftsführer so gehandhabt und bestätigt worden. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis dennoch fristlos bzw. hilfsweise fristgerecht zum 31.07.2022. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Der Arbeitgeberin hatte nicht bewiesen, dass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorgelegen hatte oder dass Tatsachen vorgelegen hatten, die geeignet waren, eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen. Auf die Berufung der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Es entschied, dass das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben hatte.

Die außerordentliche Kündigung war unverhältnismäßig. Der Pflichtverletzung des Mitarbeiters – das Wegschaffen dreier neuwertiger Paletten – hätte mit einer Abmahnung erfolgversprechend begegnet werden können. Es war nicht ersichtlich, dass der Mitarbeiter sich eine Abmahnung nicht hätte zur Warnung gereichen lassen und dass sie nicht ausgereicht hätte, ihn anzuhalten, künftig das Recht seiner Arbeitgeberin an Sachen ihres Gewahrsams besonders sorgfältig zu achten. Eine Abmahnung war auch nicht im Hinblick auf eine etwaige Schwere des Vorwurfs entbehrlich. Dafür war der Wert der Paletten zu gering, dafür zeigte sich bei der Tat zu wenig kriminelle Energie, dafür war die Tatbegehung zu wenig heimlich und dafür war das Gesamtbild der Tat – Verbrennen von Verpackung beim Osterfeuer – zu banal. Eine einschlägige Abmahnung lag hier nicht vor. Die außerordentliche Kündigung erwies sich daher jedenfalls wegen des Fehlens einer Abmahnung als unverhältnismäßig.

Auch durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung war das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden. Die Kündigung war gemäß § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) unwirksam, weil sie nicht gem. § 1 Abs. 2 KSchG durch Tatsachen bedingt war, die im Verhalten des Mitarbeiters lagen. Auch vor Ausspruch einer ordentlichen Kündigung ist die Verhältnismäßigkeit zu prüfen und damit die Tatsache, ob nicht weniger einschneidende Tatsachen geeignet sind, die durch die Vertragspflichtverletzung eingetretene Störung des Vertrauensverhältnisses zu überwinden. Hier galt das zur fristlosen Kündigung Ausgeführte entsprechend: Vor Ausspruch einer Beendigungserklärung war als milderes Mittel eine Abmahnung auszusprechen. Insofern erwies sich die Kündigung als unwirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis weder fristlos noch nach Anlauf der ordentlichen Kündigungsfrist beendet.

Urteil des Landesarbeitsgericht Köln vom 06.07.2023

Aktenzeichen: 6 Sa 94/23