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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Vorschnelle Kündigung durch Arbeitnehmer bleibt bestehen

Vorschnelle Kündigung durch Arbeitnehmer bleibt bestehen

Aus der Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus kann nur auf einen Rechtsfolgewillen zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geschlossen werden, wenn Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitgeber von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ablauf der Kündigungsfrist ausging und der Arbeitnehmer darauf schließen konnte. Dabei muss vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aus dem Verhalten des Arbeitgebers aufgrund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Willen geschlossen werden können, das Arbeitsverhältnis fortsetzen zu wollen.

Ein Mitarbeiter war seit 1998 u.a. als Einrichter und stellvertretender Meister, zuletzt als Schichtmeister, bei einer Arbeitgeberin beschäftigt. Zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war im Arbeitsvertrag Folgendes geregelt:

„Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bedarf der Schriftform. Das Arbeitsverhältnis kann beidseits mit einer Frist 3 Monaten zum Quartalsende gekündigt werden. Ferner wird die Verlängerung der Kündigungsfristen gem. § 622 Abs. 2 BGB vereinbart, die sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer als vereinbart gelten.“

Mit Schreiben vom 07.04.2021 kündigte der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis gegenüber der Arbeitgeberin. In dem Kündigungsschreiben hieß es:

„Hiermit kündige ich zum nächstmöglichen Zeitpunkt unter Einhaltung der vertraglich festgelegten Frist meine Anstellung in Ihrem Unternehmen. …“

Am 18.04.2021 schickte der Mitarbeiter eine E-Mail an die Mitarbeiterin der Personalabteilung der Arbeitgeberin. Darin hieß es:

„Ich ziehe hiermit meine Kündigung vom 7.4.2021 zurück. Ich hatte ein kurzes Gespräch mit Herrn … und ein längeres mit Herrn …. Wir, die Schichtmeister, werden uns zusammensetzen und diverse Möglichkeiten ausarbeiten um ein leichteres und angenehmeres Arbeiten zu ermöglichen.
Sag mir bitte Bescheid, ob es Okay ist für die Geschäftsleitung und sie die Rücknahme akzeptieren.“

In einer weiteren E-Mail an an die Personalabteilung vom 21.04.2021 hieß es:

„… Ich habe Dich leider nicht erreicht. Hat sich die Geschäftsleitung mal geäußert zu der Rücknahme der Kündigung? …“

Auch auf diese E-Mail erhielt der Mitarbeiter keine Antwort. In der Folge ging er seiner Tätigkeit bis zum 19.11.2021 nach. An diesem Tag wurde er zu einem Gespräch mit der Werksleitung und der Personalabteilung der Arbeitgeberin gebeten. Darin wurde ihm erklärt, dass es bei der von ihm ausgesprochenen Kündigung bleiben sollte. Er gab seinen Betriebsschlüssel, den Werksausweis und das betriebliche Mobiltelefon heraus und nahm anschließend seinen verbliebenen Resturlaub bis zum 30.11.2021.

Der Mitarbeiter klagte auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin fortbesteht. Das Gericht wies die Klage ab.

Die Klage war unbegründet, da das Arbeitsverhältnis nicht mehr bestand. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis wurde durch den Mitarbeiter mit Schreiben vom 07.04.2021 wirksam fristgemäß zum 30.11.2022 beendet. Eine Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme eines Arbeitsverhältnisses wurde weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart. Die Rücknahme der Kündigung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung durch den Mitarbeiter allein war nicht möglich.

Aus der Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus kann nur auf einen Rechtsfolgewillen zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geschlossen werden, wenn Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitgeber von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ablauf der Kündigungsfrist ausging und der Arbeitnehmer darauf schließen konnte. Dabei muss vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aus dem Verhalten des Arbeitgebers aufgrund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Willen geschlossen werden können, das Arbeitsverhältnis fortsetzen zu wollen. Dies war hier allerdings nicht der Fall.

Die Kündigungsfrist lief nach objektivem Maßstab am 30.11.2021 ab. Die entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag war transparent und benachteiligte den Mitarbeiter nicht unangemessen. Es ist durchaus üblich, auf die Fristen in § 622 Abs. 2 BGB Bezug zu nehmen und die Geltung für beide Parteien zu vereinbaren. Die Arbeitgeberin musste daher nicht von einem früheren Beendigungszeitpunkt ausgehen. Dieser Termin drängte sich zu keinem Zeitpunkt auf. Die Arbeitgeberin hatte den Mitarbeiter, ausgehend vom Beendigungszeitpunkt 30.11.2021, bis dahin beschäftigt und vergütet. Sie hatte sich zu keinem Zeitpunkt zum Ablauf der Kündigungsfrist geäußert. Hierfür bestand auch kein Anlass, da der Mitarbeiter in seiner Kündigung vom 07.04.2021 kein konkretes Beendigungsdatum genannt hatte. Erst im Gespräch am 19.11.2021 wurde dem Mitarbeiter unmissverständlich erklärt, dass es bei der vom ihm ausgesprochenen Kündigung bleiben sollte und er nach Abgabe der Schlüssel, des Werksausweises und des Telefons das Unternehmen verlassen und den Resturlaub bis zum 30.11.2017 nehmen sollte.

Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 17.01.2023

Aktenzeichen: 5 Sa 243/22