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Dr. Christopher von HarbouRechtsnews Betriebsrat kann Überlassung von Tablets oder Notebooks verlangen

Betriebsrat kann Überlassung von Tablets oder Notebooks verlangen

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber zur Ermöglichung der Teilnahme seiner Mitglieder an Betriebsratssitzungen mittels Videokonferenz die Überlassung von je einem Tablet oder Notebook je Betriebsratsmitglied verlangen, sofern die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vorliegen. Es sollen – über die Regelung in § 30 Abs. 3 BetrVG hinaus – gerade keine weiteren Anforderungen hinsichtlich des Obs der Zurverfügungstellung von entsprechender IT-Ausstattung gestellt werden.

Ein bundesweit tätiges Unternehmen im Textileinzelhandeln mit zahlreichen Filialen in Deutschland weigerte sich, dem bei ihr bestehenden Betriebsrat zur Abhaltung von Betriebsratssitzungen in Form von Videokonferenzen drei Tablets oder Notebooks zur Verfügung zu stellen. Hierzu hatte sie der Betriebsrat im Juli 2022 aufgefordert. Am 25.10.2023 hatte der Betriebsrat eine Änderung seiner Geschäftsordnung vom 20.07.2022 beschlossen, die fortan Betriebsratssitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz sowie Beschlussfassung in virtueller Sitzung vorsah.

Die Arbeitgeberin war der Ansicht, aus § 30 Abs. 2 BetrVG lasse sich kein Automatismus ableiten, andernfalls hätte der Gesetzgeber einen gesetzlichen Anspruch der Betriebsratsmitglieder auf eine Zurverfügungstellung endsprechender Geräte verankert. Selbst wenn die Voraussetzungen von § 30 Abs. 2 BetrVG vorlägen, sei die Stellung von IT-Kommunikationsmitteln nicht immer schon per se erforderlich. Vorliegend sei ein konkreter Bedarf weder vom Betriebsrat vorgetragen noch sonst ersichtlich; die bloße Existenz von § 30 Abs. 2 BetrVG begründe keinen konkreten betrieblichen Bedarf.

Das erstinstanzliche Arbeitsgericht hatte den Antrag des Betriebsrats auf Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Zurverfügungstellung endsprechender Geräte abgewiesen. Nach Auffassung des Gericht konstitueire der neu eingefügte § 30 Abs. 2 BetrVG lediglich die Möglichkeit und regele die Voraussetzungen dafür, dass durch Video- oder Telefonkonferenz wirksame Betriebsratsbeschlüsse gefasst werden könnten. Die davon zu unterscheidende Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet sei, die für die Durchführung einer Videokonferenz nötige technische Ausstattung zur Verfügung zu stellen, bestimme sich nach § 40 Abs. 2 BetrVG.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung abgeändert und die Arbeitgeberin verpflichtet, dem Betriebsrat drei für die Durchführung von Videokonferenzen funktionsfähige Tablets oder Notebooks mit Internetzugang sowie mit mindestens 7,9 Zoll Displaygröße und einer Kamera- und Lautsprecher/Mikrofunktion zur Verfügung zu stellen.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgeichts hat der Betriebsrat gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 30 Abs. 2 BetrVG Anspruch auf die Überlassung der beantragten Sachmittel. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang u.a. sachliche Mittel sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Nach dem durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 14.06.2021 geschaffenen § 30 Abs. 2 Satz 1 BetrVG darf die Teilnahme an Betriebsratssitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen hierfür in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind (Nr. 1), nicht mind. ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer vom Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht (Nr. 2) und sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können (Nr. 3). Der Anspruch des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber auf Zurverfügungstellung der notwendigen Technik setzt in jedem Fall voraus, dass sich der Betriebsrat eine Geschäftsordnung i.S.d. § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BetrVG gegeben hat.

Die danach zu beachtenden Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BetrVG lagen im vorliegenden Fall vor. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin waren die maßgeblichen Regelungen hinreichend bestimmt. Letztlich reichte bereits die Änderung der wirksamen Regelung der Geschäftsordnung in der Fassung vom 25.10.2023 aus, um dem Betriebsrat einen entsprechenden Anspruch auf Überlassung der beantragten Sachmittel zu verschaffen. Denn die Unwirksamkeit einzelner Regelungen führt nicht notwendig zu deren Gesamtunwirksamkeit.

Auch die Auffassung der Arbeitgeberin, es könne nicht Intention des Gesetzgebers gewesen sein, jegliche Betriebsräte landesweit mit technischen Endgeräten auszustatten, stand im Widerspruch zur Gesetzesbegründung zu § 30 Abs. 2 BetrVG im Betriebsrätemodernisierungsgesetz. Danach soll vielmehr eine für die Betriebsratsarbeit sachgerechte und dauerhafte Regelung geschaffen werden, die zugleich einen wesentlichen Beitrag zur Digitalisierung der Betriebsratsarbeit leistet. Ob und inwieweit die Möglichkeit der Video- und Telefonkonferenz genutzt wird, soll zudem in der alleinigen Entscheidungsbefugnis des Betriebsrats stehen. Es sollen – über die Regelung in § 30 Abs. 3 BetrVG hinaus – gerade keine weiteren Anforderungen hinsichtlich des Obs der Zurverfügungstellung von entsprechender IT-Ausstattung gestellt werden.

Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 07.12.2023

Aktenzeichen: 2 TaBV 31/23