Digitales Zugangsrecht einer Gewerkschaft zum Betrieb
Die Gewerkschaft ist der Ansicht, ihr müsse für die Mitgliederwerbung ein „Zugang“ zu diesen Kommunikationssystemen eingeräumt werden. Das Unternehmen sei daher u.a. verpflichtet, ihr sämtliche betrieblichen E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer zu übermitteln. Zumindest habe sie einen solchen Anspruch, um den Arbeitnehmern bis zu 104 E-Mails im Jahr mit einer Größe von bis zu 5 MB zu übersenden. Zudem sei ihr ein Zugang als „internal user“ zum konzernweiten Netzwerk bei Viva Engage zu gewähren, damit sie dort eine bestimmte Anzahl werbender Beiträge einstellen könne. Außerdem müsse das Unternehmen auf der Startseite ihres Intranets eine Verlinkung mit einer Webseite der Gewerkschaft vornehmen.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten die Klage abgewiesen. Die Revision der Gewerkschaft beim Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.
Auch der hilfsweise Klageantrag, der auf eine Mitteilung der betrieblichen E-Mail-Adressen und eine Duldung ihrer Verwendung in bestimmtem Umfang abzielte, war unbegründet. Die mit dem Leistungs- und Duldungsverlangen jeweils einhergehenden Belastungen des Unternehmens beeinträchtigen sie erheblich in ihrer verfassungsrechtlich garantierten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit und begründen – schon jeweils für sich genommen – ihr überwiegendes Schutzbedürfnis gegen eine solche Inanspruchnahme. Das Abwägungsergebnis hat nicht zur Folge, dass damit für die Gewerkschaft keine Möglichkeit eröffnet wäre, das E-Mail-System des Unternehmens zu Werbe- oder Informationsmaßnahmen zu nutzen. Ihr steht die Möglichkeit offen, die Arbeitnehmer vor Ort im Betrieb nach ihrer betrieblichen E-Mail-Adresse zu fragen. Auch für deren grundrechtlich verbürgte Belange stellt dies den schonendsten Ausgleich dar.
Der auf eine Nutzung des konzernweiten Netzwerks bei Viva Engage gerichtete Klageantrag hatte ebenfalls keinen Erfolg. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Beklagten übersteigen das durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Interesse der Gewerkschaft an der Durchführung solcher Werbemaßnahmen. Auch der auf die Vornahme einer Verlinkung im Intranet des Unternehmens abzielende Klageantrag ist unbegründet. Die Gewerkschaft konnte ihr Begehren mangels einer planwidrigen Regelungslücke im Betriebsverfassungsgesetz nicht auf eine analoge Anwendung von § 9 Abs. 3 Satz 2 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) stützen. Ob sich ein solches Begehren grundsätzlich aus Art. 9 Abs. 3 GG ergeben kann, konnte offenbleiben. Jedenfalls kann die Gewerkschaft nicht verlangen, dass ein auf ihre Webseite verweisender Link auf der Startseite des Intranets angebracht wird.